129 Staaten setzen ein Zeichen für ein verantwortungsvolles Handeln im Falle von Kriegsverbrechen

Während der Präsidentschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat feierte die ACT-Gruppe, die sich für eine wirksame UNO einsetzt, ihr zehnjähriges Bestehen. Die Schweiz hat innerhalb der Gruppe einen Verhaltenskodex vorangetrieben, mit dem sich Staaten freiwillig dazu verpflichten, im UNO-Sicherheitsrat nicht gegen Resolutionen zu stimmen, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern oder beenden sollen. 129 UNO-Mitglieder bzw. Beobachter haben ihn bis heute unterzeichnet. Dies ist ein starkes Signal an den Rat und soll dessen Effizienz stärken – eine Priorität der Schweiz für ihre Ratsmitgliedschaft.

Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten im UNO-Sicherheitsrat sitzen am hufeisenförmigen Tisch an einer Debatte unter der Leitung von Bundesrat Cassis am 3. Mai 2023.

Mit ihrem Engagement in der ACT-Gruppe zielt die Schweiz seit über zehn Jahren darauf ab, die Effizienz des UNO-Sicherheitsrats zu stärken. © EDA

Die Schweiz setzt sich seit langem für eine wirksame und effiziente UNO ein. Dazu zählt auch der UNO-Sicherheitsrat und dessen Arbeitsmethoden. Die Schweiz koordiniert die Arbeitsgruppe ACT, die aus 27 Staaten aller Weltregionen besteht und sich für Rechenschaft, Kohärenz und Transparenz einsetzt. In diesem Rahmen hat die Schweiz verschiedene Reformen angestossen, wozu auch der Verhaltenskodex betreffend Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gehört. Mit dem Beitritt zum Kodex verpflichten sich die Staaten freiwillig, nicht gegen einen Resolutionsentwurf des Sicherheitsrats zu stimmen, in dem dieser Massnahmen zur Beendigung dieser Verbrechen trifft.

Im Vorfeld des Jahrestag des zehnjährigen Bestehens der ACT-Gruppe am 2. Mai hat die Schweiz verschiedene Staaten ermuntert, den Kodex zu unterstützen. Die Zahl konnte somit gesteigert werden. Aktuell haben 129 UNO-Mitglieder bzw. Beobachter, darunter die beiden ständigen Sicherheitsratsmitglieder Frankreich und Grossbritannien den Kodex unterzeichnet. Dies entspricht zwei Dritteln der UNO-Generalversammlung und sendet dem Sicherheitsrat ein starkes Signal: Es handelt sich um die notwendige Mehrheit der UNO-Generalversammlung, um wichtige Entscheide zu treffen. Die Schweiz hat die Erarbeitung des Kodex gemeinsam mit Liechtenstein vorangetrieben.

Die Nichtregierungsorganisation «Security Council Report» verfolgt das Geschehen rund um den Sicherheitsrat seit Jahren eng. Shamala Kandiah, COO von Security Council Report, erzählt im Interview über die aktuellen Herausforderungen für den Rat.

Portrait von Shamala Kandiah
Shamala Kandiah, COO von Security Council Report © SCR

Security Council Report hat eine Studie über die Arbeitsmethoden des Sicherheitsrats durchgeführt. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse?

Die grossen Krisen der letzten drei Jahre haben den Rat nicht gelähmt, aber sie haben ihn gezwungen, seine Arbeitsmethoden an neue Realitäten anzupassen. Die Art und Weise, wie der Rat seine Rolle ausübt, wurde dadurch verändert und in Frage gestellt. Die Arbeitsmethoden als Grundlage für das Funktionieren des Rates in schwierigen Zeiten rückten in den Fokus. In dieser Zeit zeigte sich der Rat innovativ, aber es gab auch Einbussen bei der Effizienz und Transparenz. Ausserdem wurde deutlich, dass geopolitische Spannungen die Arbeitsmethoden des Rates geprägt haben. Die Beziehungen zwischen den ständigen Mitgliedern waren schon vor der Pandemie angespannt, und die Krisen vertieften die Gräben. Dies führte zum Beispiel zu einer hohen Anzahl von nicht einstimmigen Entscheidungen. Nahezu jeder Entscheid ist hart umkämpft. Es gibt nur selten einfache Verhandlungen und Kompromisse sind erforderlich.

Welche Rolle spielte die ACT-Gruppe für die Arbeitsmethoden des UNO-Sicherheitsrats?

ACT hat während der Pandemie eine wichtige Rolle gespielt, indem die Gruppe auf eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Ratsmitgliedern und den weiteren UNO-Mitgliedstaaten gedrängt hat. Sie schrieb dem Rat regelmässig und erinnerte ihn an die Notwendigkeit von mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht in einer Zeit, in welcher der Öffentlichkeit der Zugang zur Arbeit des Rates manchmal erschwert war. Die Mitglieder der ACT-Gruppe haben sich auch für die erneute Teilnahme von Nicht-Ratsmitgliedern an den öffentlichen Debatten des Rates eingesetzt, als dieser wieder zu Präsenzsitzungen zurückkehrte.

Was können die gewählten Mitglieder und Länder wie die Schweiz in Bezug auf die Arbeitsmethoden beitragen?

Die gewählten Mitglieder waren oft treibende Kraft für innovative Arbeitsmethoden. In der Anfangsphase der COVID-19-Pandemie hatten gewählte Mitglieder den Ratsvorsitz inne und waren wesentlich an der Entwicklung der in dieser Zeit angewendeten Arbeitsmethoden beteiligt. Gewählte Mitglieder führen den Vorsitz der informellen Arbeitsgruppe des Rats zu den Arbeitsmethoden. Dadurch haben sie eine führende Rolle bei der Verhandlungen zu entsprechenden Ratsprodukten. Seit einigen Jahren haben sie sich auch zur Frage einer gerechteren Verteilung der Arbeitslast geäussert. Darüber hinaus sorgen gewählte Mitglieder wie die Schweiz, die sich nachdrücklich für die Transparenz des Sicherheitsrats einsetzen, auch dafür, dass die Meinungen weiterer UNO-Mitgliedstaaten angehört werden.

Zum Anfang