Der Schutz der Zivilbevölkerung steht diese Woche an der UNO in New York im Zentrum

Wie jedes Jahr, steht vom 22. bis 25. Mai an der UNO in New York eine Woche ganz im Zeichen vom Schutz der Zivilbevölkerung. Dies ist gleichzeitig eine thematische Priorität der Schweiz für ihre Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat. Erfahren Sie, wie sich die Schweiz auf multilateraler Ebene und direkt vor Ort in Konfliktgebieten in diesem Bereich einsetzt.

Ein junger afrikanischer Mann mit einer Schusswunde am Bein geht in einem Krankenhaus mühsam auf Krücken.

Die Zivilbevölkerung zahlt in bewaffneten Konflikten einen viel zu hohen Preis. Die Schweiz setzt sich auf multlateraler Ebene und direkt vor Ort für ihren Schutz ein. © Keystone

Das Engagement der Schweiz für den Schutz der Zivilbevölkerung basiert auf einer langjährigen Erfahrung in der humanitären Hilfe und einem konsequenten Einsatz für die bessere Einhaltung und Stärkung des humanitären Völkerrechts. Die humanitäre Tradition der Schweiz ist weltweit anerkannt. Der Sitz des Internationalen Kommitees vom Roten Kreuz (IKRK) und die Genfer Konventionen tragen zur Sichtbarkeit des internationalen Genf bei, das zahlreiche Organisationen beheimatet, die humanitär oder multilateral in diesem Bereich aktiv sind. Die Schweiz leistet als Gaststaat der UNO regelmässig Gute Dienste. Ihr Engagement im multilateralen Rahmen wie zum Beispiel an der UNO und die Schweizer Aktivitäten vor Ort ergänzen und verstärken sich gegenseitig. Im Rahmen der Schweizer Präsidentschaft im UNO-Sicherheitsrat leitet Bundespräsident Alain Berset am 23. Mai eine offene Debatte zum Schutz der Zivilbevölkerung.

Wie setzt sich die Schweiz in multilateralen Foren für den Schutz der Zivilbevölkerung ein?

      

UNO-Freundesgruppe zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten

Die Schweiz leitet seit 2007 die Freundesgruppe zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten in New York. Dieser informelle Zusammenschluss von 27 Staaten berät sich regelmässig zu verschiedenen Aspekten im Zusammenhang mit diesem Thema und engagiert sich für eine bessere Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Die Schweiz hat in der Vergangenheit diverse Treffen der Freundesgruppe veranstaltet, mitunter zu neuen Technologien, vermissten Personen, Desinformation sowie zu ausgewählten geographischen Kontexten. Die Freundesgruppe plädiert an relevanten Anlässen, insbesondere im UNO-Sicherheitsrat, geschlossen für einen besse-ren Schutz der Zivilbevölkerung. Als Leiterin der Freundesgruppe koordiniert und verliest die Schweiz i.d.R. diese gemeinsamen Erklärungen und organisiert jeden Mai die sog. Woche zum Schutz der Zivilbevölkerung («PoC-Week»): Diese Plattform bringt Staaten, die UNO und die Zivilgesellschaft zusammen, um aktuelle Herausforderungen zu diskutieren.

Ernährungssicherheit in bewaffneten Konflikten

Die Schweiz hat als Präsidentin des UNO-Sicherheitsrats beschlossen, die diesjährige Offene Debatte des Rat zum Schutz der Zivilbevölkerung diesem wichtigen Aspekt zu widmen. Fünf Jahre nach der Annahme der Sicherheitsrats-Resolution 2417, wofür sich die Schweiz zusammen mit den Niederlanden stark engagiert hatte, bleibt die Frage der Wechselwirkung zwischen Ernährungssicherheit und bewaffneten Konflikten hochaktuell: Nach Angaben des Welternährungsprogramms lebt 70% der Weltbevölkerung, die unter akutem Hunger leidet, in von Konflikten betroffenen Gebieten. Der Schutz ziviler Infrastruktur und Grunddienstleistungen ist eng mit der Ernährungssicherheit verknüpft. Mit der Abhaltung dieser hochrangigen Debatte setzt die Schweiz ein klares Zeichen, dass ein entschlossenes Handeln dieses Gremiums zur Umsetzung der relevanten Resolutionen dringend notwendig ist. Die Schweiz hat gemeinsam mit Brasilien die Federführung zu Ernährungssicherheit in bewaffneten Konflikten im Sicherheitsrat inne. Die beiden sogenannten «Co-Focal Points» engagieren sich, dass das Gremium rechtzeitig und umfassend über sich abzeichnende Hungerkrisen weltweit informiert wird. Auf Initiative der Schweiz und Mosambiks hat sich der Sicherheitsrat im März 2023 erstmals spezifisch mit der Frage des Zugangs zu Wasser und Schutz von Wasserinfrastruktur in bewaffneten Konflikten auseinandergesetzt.

Zusammenarbeit mit dem IKRK

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist nicht nur die älteste heute tätige humanitäre Organisation, sondern auch der wichtigste humanitäre Partner der Schweiz: Ein Drittel des Schweizer Budgets für humanitäre Hilfe geht an das IKRK. Ein Fokus bildet das Engagement zugunsten von vermissten Personen. Jedes Jahr gelten zehntausende Personen als Folge von bewaffneten Konflikten neu als vermisst. Die Schweiz und das IKRK haben 2021 die Staatenallianz «Global Alliance for the Missing» lanciert. Sie verfolgt das Ziel, durch eine verstärkte Zusammenarbeit der relevanten Akteure und die Nutzung des gemeinsamen diplomatischen Einflusses auf globaler und regionaler Ebene die Suche nach vermissten Personen zu fördern und zur Prävention des Verschwindens beizutragen.

Wie engagiert sich sich die Schweiz für den Schutz der Zivilbevölkerung direkt in betroffenen Regionen?

      

Horn von Afrika

Das Horn von Afrika gehört zu den fragilsten Regionen der Welt. Bewaffnete Auseinandersetzungen, aber auch die Folgen des Klimawandels, haben weitreichende Konsequenzen für die Zivilbevölkerung. Dazu zählen die Ernährungssicherheit und der Zugang zu Grunddienstleistungen z.B. im Gesundheitsbereich. Um einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung leisten zu können, fokussiert die Schweiz schon bei der Projektplanung auf die Widerstandsfähigkeit in Kri-sensituationen: Mit dem Projekt SomRep (Somalia Resilience Programme) zum Beispiel werden die Resilienz der Menschen in Somalia gestärkt und die Lebensgrundlagen in den am stärksten von Dürre betroffenen und am schwersten zugänglichen Regionen des Landes gesichert, indem Not-wasserversorgung, Bargeldtransfers, «Cash for Work», Unterstützung für veterinäre Einrichtungen zur Eindämmung von Epidemien sowie Tierfutter für Viehzüchter/innen bereitgestellt werden. Der UNO-Sicherheitsrat ist für die Mandate von Friedensmissionen verantwortlich, wobei sich die Schweiz dafür einsetzt, dass deren Arbeit auch den Schutz der Zivilbevölkerung ausgerichtet ist.

Myanmar

Die Machtübernahme des Militärs im 2021 hat den Kontext in Myanmar radikal verändert und die Zivilbevölkerung vor neue Herausforderungen gestellt. Die Schweiz unterstützt das Internationale Komitee von Roten Kreuz (IKRK) und das UNHCR und hat Personal des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) entsandt, welches die verschiedene UNO-Organisationen vor Ort verstärkt. Die Schweiz finanziert mehrere Projekte von NGOs im Bereich der humanitären Minenräumung, der Förderung des sozialen Zusammen-halts in Rakhine sowie zur Verbesserung des Zugangs der Rohingya zur Grundversorgung. Die Schweiz fördert diskret den Dialog auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, um Lösungen für einen sicheren und ungehinderten humanitären Zugang und für eine Deeskalation zu finden. Schliesslich unterstützt die Schweiz die Bemühungen des UNO-Sicherheitsrats zur Beilegung des Konflikts und fordert konsequent die Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts.

Ukraine

Gemäss jüngstem Bericht des UNO-Generalssekretärs zum Schutz der Zivilbevölkerung sind weltweit knapp die Hälfte aller zivilen Todesopfer in bewaffneten Konflikten in der Ukraine zu verzeichnen. Die Schweiz verurteilt die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine auf das Schärfste und fordert Russland dazu auf, alle Kampfhandlungen einzustellen und seine Truppen unverzüglich von ukrainischem Territorium zurückzuziehen. Im UNO-Sicherheitsrat plädiert die Schweiz konsequent für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Zusammen mit 40 anderen Staaten hat sie die Situation in der Ukraine an den Internationalen Strafgerichtshof überwiesen. Sie hat auch die Einrichtung multilateraler Mechanismen unterstützt, die Beweise für Kriegsverbrechen sammeln und diese der nationalen und internationalen Strafverfolgung zur Verfügung stellen. Die Schweiz leistet humanitäre Hilfe auch in schwer zugänglichen Regionen nahe an der Frontlinie, wo die Bedürfnisse der Zivilbevölkerung besonders gross sind. Hierzu arbeitet die Schweiz mit lokalen Partnern zusammen und unterstützt diese vor Ort, zum Beispiel mit medizinischer und physischer Schutzausrüstung. In verschiedenen Foren einschliesslich des UNO-Sicherheitsrats fordert die Schweiz humanitären Zugang in die Gebiete der Ukraine, die unter Besatzung der Streitkräfte Russlands stehen.

Schutz der Zivilbevölkerung – eine Priorität der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat

Der Bundesrat hat am 31. August 2022 nach der Konsultation mit den Aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments vier thematische Prioritäten für die Schweizer Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat verabschiedet. Dazu zählt neben der Förderung von nachhaltigem Frieden, dem Angehen der Klimasicherheit und der Stärkung der Effizienz des Rats auch der Schutz der Zivilbevölkerung. Die Schweiz setzt sich im UNO-Sicherheitsrat in diesem Bereich unter anderem für folgendes ein:

  • Strikte und umfassendere Einhaltung des humanitären Völkerrechts, insbesondere, was die Kriegsführung und den Schutz der Zivilbevölkerung betrifft
  • Besonderes Augenmerk auf den Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten, von Patienten, Flüchtenden, medizinischem Personal und Einrichtungen, Transporten sowie von kritischer Infrastruktur (Wasserversorgung oder Nahrungsmittelproduktion)
  • Verbesserungen der strafrechtlichen Verfolgung von Verletzungen des humanitären Völkerrechts
  • Einhaltung der Menschenrechte und Schutz von Minderheiten in Konflikten
  • Ernährungssicherheit in Konfliktregionen
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