Präsidentschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat

Im Mai 2023 hat die Schweiz die Präsidentschaft des UNO-Sicherheitsrats inne. Sie stellt eine Chance dar, die Schweizer Prioritäten – namentlich «nachhaltigen Frieden fördern» und «Zivilbevölkerung schützen» – in den Fokus der Ratsarbeit zu stellen und dem Rat für sein Handeln Impulse zu geben. Was bedeutet die Präsidentschaft für die Schweiz? Ein Überblick über die Befugnisse, die Praxis und die Schwerpunkte der Schweiz in ihrem Vorsitzmonat.

 Ein Funktionär der UNO platziert ein Schild mit der Aufschrift «Switzerland» am Platz des Ratsvorsitzes am hufeisenförmigen Tisch des UNO-Sicherheitsrats.

Die Schweiz hat im Mai 2023 den Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat. © EDA

Die Schweiz hat im Mai 2023 die Präsidentschaft des UNO-Sicherheitsrats inne. Diese Rolle ist an Regeln gebunden. Sie dient primär der Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufs der Ratsgeschäfte, damit dieser Entscheidungen treffen kann. Die Mitglieder des Sicherheitsrats nehmen dieses Amt turnusgemäss in der alphabetischen Reihenfolge der englischen Staatennamen wahr. Der dem Rat vorsitzende Staat leitet in dieser Funktion die Sitzungen und vertritt den Rat falls nötig gegen aussen und gegenüber anderen UNO-Organen wie beispielsweise der Generalversammlung. Der Vorsitzmonat bietet der Schweiz eine Chance, ihre thematischen Prioritäten für die Ratsmitgliedschaft in den Jahren 2023-2024 in den Fokus zu stellen und dem Rat Impulse für sein Handeln zu geben.

Welche Befugnisse hat die Ratspräsidentschaft?

Neben der Führung von mandatierten Sitzungen beruft die Präsidentschaft je nach aktuellem Weltgeschehen und auf Antrag anderer Mitgliedstaaten zusätzliche Sitzungen ein. Am 13. Februar 2023 beispielsweise berief die damalige maltesische Präsidentschaft auf Antrag der Schweiz und Brasiliens kurz nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei ein privates Treffen ein. Als Co-Penholder für das humanitäre Syriendossier hatten die Schweiz und Brasilien diese Sitzung beantragt, damit der Sicherheitsrat über die Notlage vor Ort informiert wird und erwägen konnte, ob Massnahmen zur Sicherstellung des humanitären Zugangs in den betroffenen Regionen nötig sind.

Während der Sitzungen erteilt die Präsidentschaft den anderen Mitgliedern das Wort. In der Regel erhält der Rat zuerst Briefings von Berichterstatterinnen und Berichterstattern des UNO-Sekretariats, anderer UNO-Programme und Vertreterinnen oder Vertretern der Zivilgesellschaft aus dem Feld. Die Briefer legen dem Sicherheitsrat aus erster Hand die Situation zu einem konkreten Konflikt dar, über den der Rat anschliessend debattiert.

Ausserdem gibt der Ratsvorsitz Erklärungen gegenüber den Medien ab, beispielsweise nach Abstimmungen oder anderen wichtigen Beschlüssen.

Schwerpunkte des Schweizer Vorsitzmonats

Die Ratspräsidentschaft plant das Arbeitsprogramm für den jeweiligen Monat. Die Grundlage des Programms ist grösstenteils vorgegeben, namentlich durch die nötige Verlängerung von Mandaten von UNO-Friedensmissionen oder Sanktionsregimes, die der Sicherheitsrat eingesetzt hat. Der Vorsitz kann zudem eigene Sitzungen organisieren. Die Schweiz plant während ihrer Präsidentschaft im Mai zwei solcher Vorzeigeveranstaltungen, die in direktem Zusammenhang mit ihrem aussenpolitischen Profil und ihren Prioritäten stehen. Die offenen Debatten werden Bundesrat Ignazio Cassis und Bundespräsident Alain Berset leiten. Bundesrätin Viola Amherd wird voraussichtlich zudem eine Ratssitzung über UNO-Friedensmissionen führen.

  • Anfang Mai: Offene Debatte zur Priorität «nachhaltigen Frieden fördern»
    Bundesrat Cassis wird diese Debatte Anfang Mai leiten. Sie zielt darauf ab, Wege für eine stärkere Rolle des Sicherheitsrats, der UNO und anderer Akteure im Bereich der Vertrauensbildung und der Prävention von bewaffneten Konflikten aufzuzeigen. Zudem soll die Veranstaltung auch dazu dienen, den wichtigen Beitrag des internationalen Genf für die Arbeit des Rats im Bereich Frieden und Sicherheit zu unterstreichen.
  • Ende Mai: Offene Debatte zur Priorität «Zivilbevölkerung schützen» 
    Der UNO-Generalsekretär wird im Mai seinen jährlichen Bericht zum Schutz der Zivilbevölkerung im UNO-Sicherheitsrat präsentieren. Bundespräsident Berset wird die diesjährige Sitzung dazu, die in Anwesenheit des UNO-Generalssekretärs Guterres und IKRK-Präsidentin Spoljaric während dem Vorsitzmonat der Schweiz stattfinden wird, leiten. Die Offene Debatte wird im Zeichen der Auswirkungen von Konflikten auf Hunger in der Zivilbevölkerung und insbesondere dem Schutz von ziviler Infrastruktur für die Nahrungsmittelproduktion und -verteilung stehen.
  • Ende Mai: 75. Jahrestag des UNO-Peacekeepings
    1948 entsandte der UNO-Sicherheitsrat erstmals eine Friedensmission, die UNTSO zur Wahrung des Waffenstillstands im Nahen Osten. Heute wird die UNTSO vom Schweizer Divisionär Patrick Gauchat geleitet. Bundesrätin Amherd wird voraussichtlich Ende Mai in New York im Namen der Schweiz die ausserordentliche Leistung der bis zu 100'000 UNO-Friedenssoldatinnen und Soldaten hervorheben. Sie sind überall auf der Welt unter gefährlichen Bedingungen im Einsatz, um Konflikte zu verhindern, die Zivilbevölkerung zu schützen, politische Lösungen voranzutreiben und demokratische Prozesse zu unterstützen. 

Ebenfalls fällt das zehnjährige Jubiläum der von der Schweiz geleiteten ACT-Gruppe in den Vorsitzmonat. Ziel der Gruppe ist es unter anderem die Arbeitsmethoden des Sicherheitsrats zu stärken. Die ACT-Gruppe setzt sich beispielsweise dafür ein, dass aktuelle und zukünftige Sicherheitsrats-Mitglieder nicht gegen Beschlüsse stimmen, wenn es um Fälle von Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit geht.

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