«Jetzt haben wir klare Kriterien und mehr Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit»

Im Interview mit dem Blick spricht Bundesrat Ignazio Cassis über die Strategie der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz 2021-2024, die das Parlament am 21.09.2020 verabschiedet hat. Sie ist klarer, messbarer und transparenter. Ein Erfolg für das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA. Zudem beschreibt der Departementsvorsteher die beiden möglichen Szenarien in der Schweizer Europapolitik nach der Abstimmung über die Begrenzungsinitiative vom 27. September.

Fotomontage mit Ignazio Cassis, der in die Kamera schaut, und zwei Sprechblas-Icons mit Fragezeichen und Antwort zur Darstellung eines Interviews.

Die Strategie der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz 2021-2024 wurde neu ausgerichtet. Sie ist klarer, messbarer und transparenter. © EDA

Es sind wichtige Wochen für das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA. Eine Hürde ist bereits geschafft: National- und Ständerat haben die neue Strategie der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz 2021-2024 (IZA-Strategie) verabschiedet. Am 27. September steht die Volksabstimmung über die Begrenzungsinitiative (BGI) an, die erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft der Schweizer Europapolitik hat. Bundesrat Ignazio Cassis zeigt sich im Gespräch mit der Zeitung Blick erfreut über die Annahme der IZA-Strategie und mahnt vor einem «Ja» für die BGI.

IZA 2021-2024: klarer, messbarer und transparenter

Die IZA-Strategie ist schlanker geworden. Von 320 Seiten ist sie auf 61 geschrumpft. Doch nicht nur das. «Jetzt haben wir klare Kriterien, messbare Methoden und mehr Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit», erklärt Bundesrat Cassis im Blick.

Jetzt haben wir klare Kriterien, messbare Methoden und mehr Transparenz und Fokussierung in der Entwicklungszusammenarbeit.

In der neuen IZA-Strategie wurden Schwerpunktregionen und Themen definiert. Unter anderem soll die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor mehr gefördert werden. Cassis betont die Bedeutung dieses Engagement für die Entwicklungszusammenarbeit der Zukunft. «Der Privatsektor wird wichtiger. Warum? Weil wir dank Jobs Entwicklung fördern wollen. Neun von zehn Arbeitsstellen in Entwicklungsländern entstehen nun mal im Privatsektor.» Als Beispiel nennt der Vorsteher des EDA das Engagement der Schweiz in Mozambik: Nach dem Friedensabkommen 2019, das unter Schweizer Beteiligung unterzeichnet wurde, sind tausende Soldaten Arbeitslos geworden. «Sie brauchen neue Jobs – und in Mozambique kommt allein Landwirtschaft in Frage. Doch dazu braucht es Geld, etwa für Saatgut und landwirtschaftliche Werkzeuge. Zusammen mit einer südafrikanischen Versicherung prüfen wird zur Zeit die Einführung von neuen Finanzprodukten. Der Ex-Soldat und Landwirt wird also Geld haben, um Kaffee anzubauen. Doch wohin soll er ihn verkaufen? Im konkreten Fall garantiert Nespresso fünf Jahre lang einen Absatz, der dem Kaffeebauern das Einkommen sichert. Alle gewinnen – ohne, dass die südafrikanische Bank oder Nespresso Steuergelder bekommen», erklärt Ignazio Cassis.

Mit der neuen Strategie erhält die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) mehr Selbstsicherheit. Denn die Arbeit in einem schwierigen Umfeld, das von Kriegen und Korruption geprägt ist, ist nicht einfach. Eine klare Strategie unterstützt die DEZA in ihrem Engagement.

BGI: Ein «Nein» ist ein wichtiges Zeichen für die EU

Gemäss dem Abstimmungsbarometer wird die Begrenzungsinitiative, welche die Personenfreizügigkeit in Frage stellt, abgelehnt. Doch der Tag soll nicht vor dem Abend gelobt werden, denn ein «Ja» zu der BGI hätte die Aufhebung der Personenfreizügigkeit innerhalb eines Jahres zur Folge. So betont Ignazio Cassis: «Nach Ablauf dieser Jahresfrist muss der Bundesrat innerhalb eines Monats das Freizügigkeitsabkommen kündigen. Sechs Monate später werden die anderen sechs Abkommen der Bilateralen I automatisch ausser Kraft gesetzt.» Für die Schweiz würde dies bedeuten, dass sie ihre Position im Herzen Europas von Null wieder neu aufbauen muss.

Der Bundesrat sieht die Konsolidierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs als der beste Weg für die Schweiz.

Ein «Nein» zur Initiative ist ein wichtiges Zeichen für die EU, dass die Schweiz bereit ist weiterhin auf den bilateralen Weg zu setzen. Für Ignazio Cassis stehen die Zukunft und der Wohlstand der Schweiz in direktem Zusammenhang mit guten Beziehungen zur EU. «Der Bundesrat sieht die Konsolidierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs als der beste Weg für die Schweiz.» 

Zum Anfang