Die Schweiz und das UNO-Büro für Westafrika und die Sahelzone: eine erfolgreiche Partnerschaft

Millionen von Menschen in Westafrika und der Sahelzone stehen vor vielfältigen Herausforderungen. Klimawandel, bewaffnete Konflikte, Nahrungsmittelkrisen und steigende Energiepreise treffen alle, besonders aber die Schwächsten in der Gesellschaft. Die Partnerschaft zwischen der Schweiz und UNOWAS schafft Perspektiven. Ein Interview mit Carol Mottet von der Abteilung Frieden und Menschenrechte im EDA.

Stacheldraht und Pneus auf einer sandigen Strasse in Afrika. Im Hintergrund fährt eine Person auf einem Motorrad.

Frieden und Sicherheit in Westafrika und der Sahelzone. Das Engagement der Schweiz und von UNOWAS ergänzen sich in der Region. © Keystone

Der UNO-Sicherheitsrat hat das Mandat des Büros der Vereinten Nationen für Westafrika und den Sahel (UNOWAS) um drei Jahre verlängert. Die Schweiz unterstützt als Co-Penholderin im Sicherheitsrat sowie als aussenpolitische Akteurin die Aktivitäten der Mission vor Ort. UNOWAS ist seit 2002 in 16 Ländern der Region aktiv. 

Carol Mottet spricht sitzend neben einem afrikanischen Mann bei einer Veranstaltung in ein Mikrofon.
Carol Mottet, Expertin für Mediation bei der Abteilung für Frieden und Menschenrechte. © EDA

Die Mission setzt sich ein für Frieden, Sicherheit und demokratische Regierungsführung in Ländern, die von Konflikten oder politischen Krisen betroffen sind oder waren.

Auch die Schweiz engagiert sich seit Langem für Frieden und Entwicklung in der Region, wobei der Schutz der Zivilbevölkerung, die Schaffung von nachhaltigem Frieden und die Klimasicherheit im Fokus stehen – allesamt auch Schwerpunkte von UNOWAS. Im Interview spricht Carol Mottet, Expertin für Mediation bei der Abteilung für Frieden und Menschenrechte (AFM) im EDA, über das Schweizer Engagement vor Ort.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage in Westafrika und dem Sahel ein und worin bestehen die grössten Herausforderungen?

Die Lage in den einzelnen Ländern in Westafrika und der zentralen Sahelzone ist sehr unterschiedlich. Es zeichnen sich aber auch allgemeine Trends ab, vor allem die seit über zehn Jahren andauernden bewaffneten Konflikte in Mali, im Niger und in Burkina Faso (zentrale Sahelzone), die sich in letzter Zeit noch verschärft haben und insbesondere die Bevölkerung hart treffen. Zudem beobachten wir eine Ausweitung der bewaffneten Gewalt auf die Küstenstaaten am Golf von Guinea (Benin, Côte d’Ivoire, Ghana und Togo). Daraus ist eine regelrechte Gewaltspirale entstanden, die von unterschiedlichen Akteuren geschürt wird. Zur Sicherheitskrise und den damit verbundenen dramatischen humanitären Folgen kommt in Mali, Burkina Faso und Guinea Conakry noch eine politische Krise hinzu, da in allen drei Ländern ein verfassungswidriger Regierungswechsel stattgefunden hat. Dies wirkt sich auch auf die Beziehungen zwischen den Ländern der Region aus.

Weitere Herausforderungen kommen hinzu: eine sehr junge, moderne und dynamische Bevölkerung, die jedoch mit vielen Hindernissen konfrontiert ist, beispielsweise erschwerter Zugang zu Bildung, fehlende wirtschaftliche und berufliche Perspektiven, schwerfällige, kaum inklusive Regierungsführung sowie Traditionen. Landfragen sind ebenfalls ein Grund für die Gewaltausbrüche. Westafrika bleibt trotz aller Schwierigkeiten eine Region der Zukunft.

Ein afrikanische Frau und Kinder gehen einer staubigen Strasse entlang.
Die Region braucht eine politische Zukunftsvision, die von den Staaten getragen und von ihren Partnern unterstützt wird. © UN Photo/Harandane Dicko

Welches sind die Antworten auf diese Herausforderungen?

Trotz zahlreicher militärischer und sicherheitspolitischer Massnahmen in den letzten zehn Jahren sowohl in der zentralen Sahelzone wie auch jüngst am Golf von Guinea konnte die Gewalt weder verringert noch deren Ausweitung gebremst werden. Zu erwähnen ist, dass diese Sicherheitspolitik mehrheitlich auf Entscheiden von Männern und hohen Regierungsvertretern beruhen, da Frauen und junge Menschen von diesen Prozessen meist ausgeschlossen sind. Wir müssen uns verstärkt mit den Ursachen der Gewalt auseinandersetzen und nach alternativen Lösungen suchen. Die Region braucht eine politische Zukunftsvision, die von den Staaten getragen und von ihren Partnern unterstützt wird, die sich aber auch an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert. Darauf stützen sich die Entwicklungs- und Friedensprogramme der Schweiz, die sie gemeinsam mit ihren Partnern vor Ort durchführt.

Wir müssen uns verstärkt mit den Ursachen der Gewalt auseinandersetzen und nach alternativen Lösungen suchen.
Carol Mottet, Expertin für Mediation bei der AFM

Im Februar organisiert das EDA gemeinsam mit UNOWAS eine Konferenz für die Prävention von gewalttätigem Extremismus in Dakar. Warum?

Das Engagement der Schweiz in Westafrika im Bereich der Prävention von gewalttätigem Extremismus und ihre Zusammenarbeit mit dem Büro der Vereinten Nationen für Westafrika und den Sahel (UNOWAS) sind nicht neu. 2016 starteten UNOWAS und die Schweiz eine Initiative zur Förderung von regionalen Gesprächen zur Prävention von gewalttätigem Extremismus in der Sahelzone mit drei regionalen Treffen (2016 in Dakar, 2017 in N’Djamena und 2018 in Algier). Im gleichen Jahr hatte die Schweiz einen aussenpolitischen Aktionsplan zur Prävention von gewalttätigem Extremismus verabschiedet. Ein neues Programm soll zusätzlich die Präventionsarbeit ihrer Partner in West-, Zentral- und Nordafrika unterstützen. An rund 40 Treffen mit mehr als 2000 Teilnehmenden konnten Erfahrungen ausgetauscht, innovative Alternativen erarbeitet und Kapazitäten zur Gewaltprävention aufgebaut werden.

Frauen und Männer in Anzügen und bunten Roben stehen auf einer Treppe.
Regionale Gespräche zur Prävention von gewalttätigem Extremismus in der Sahelzone, 2017, in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena. © EDA

Sieben Jahre später organisieren die Schweiz und UNOWAS erneut eine hochrangige Konferenz, die Ende Februar 2023 in Dakar stattfinden wird. «Das grosse Treffen 2023 zur Prävention von gewalttätigem Extremismus in West- und Zentralafrika: Realitäten und Perspektiven».

Was strebt die Konferenz an?

Ziel ist es, die politischen Verantwortlichen und die regionalen Organisationen dazu zu bewegen, verstärkt auf Prävention zu setzen, um nachhaltige Veränderungen herbeizuführen.

Um dies zu erreichen, stellen wir den Dialog in den Mittelpunkt möglicher Massnahmen. Dialog führen ist auch eine Form des Regierens, man hört die Bevölkerung an, um ihre Anliegen besser berücksichtigen zu können. Die Konferenz bietet Raum, um diesen Dialog fortzusetzen. Auf der Tagesordnung stehen zentrale Themen wie die Beziehung zwischen Staat und Bevölkerung, die Rolle der Streit- und Sicherheitskräfte bei der Prävention und die Spannungen im Zusammenhang mit Landrechten und dem Klimawandel. Ziel der Konferenz ist es, Empfehlungen für die Staaten, die involvierten Akteure und Partner zu formulieren, damit sie ihre Kräfte vermehrt bündeln im Bereich der Gewaltprävention. 

Die Partnerschaft zwischen der Schweiz und UNOWAS ist eine Win-Win-Situation.
Carol Mottet, Expertin für Mediation bei der AFM

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen UNOWAS und der Schweiz bezüglich dieser Konferenz?

Die UNO und die Schweiz sind sich einig darüber, dass Friedenskonsolidierung und Gewaltprävention in Westafrika von zentraler Bedeutung sind. Die Partnerschaft mit UNOWAS ermöglicht uns, diese Werte zu verteidigen und gemeinsam an politischen Lösungen für die Krisen in der Region zu arbeiten. «Die Partnerschaft zwischen der Schweiz und UNOWAS ist eine Win-Win-Situation!»

Die Schweiz im UNO-Sicherheitsrat

Der Bundesrat hat am 31. August 2022 vier thematische Prioritäten für den Schweizer Einsitz im UNO-Sicherheitsrat 2023/24 verabschiedet. Diese sind:

  • Nachhaltigen Frieden fördern
  • Zivilbevölkerung schützen
  • Klimasicherheit angehen
  • Effizienz stärken

Der Einsitz der Schweiz als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat ist die konsequente Fortsetzung ihres Engagements für Frieden und Sicherheit auf globaler Ebene. Gemäss der Bundesverfassung leistet die Schweiz einen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben der Völker und wirkt beim Aufbau einer gerechten internationalen Ordnung mit. Dies ist auch erklärtes Ziel des UNO-Sicherheitsrats. Die UNO-Generalversammlung hat am 9. Juni 2022 die Schweiz als nichtständiges Mitglied in den UNO-Sicherheitsrat gewählt. Das zweijährige Mandat dauert vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2024.

Newsticker zur Mitgliedschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat

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