Sudan: Eine menschgemachte humanitäre Katastrophe

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Welt nicht mehr mit so vielen Konflikten konfrontiert wie heute. Einer davon findet seit genau einem Jahr im Sudan statt, mit katastophalen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Hunger breitet sich rasant aus und Millionen von Menschen wurden vertrieben. Die Schweiz setzt sich im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit, der Friedensförderung und im UNO-Sicherheitsrat für das Abfedern der Folgen des Konflikts ein.

Sudanesische Frauen, Männer und Kinder stehen eng zusammen auf der Ladefläche eines blauen Lastwagens.

Der Krieg im Sudan, der vor einem Jahr begann, hat eine der grössten Flüchtlingsbewegungen der Welt ausgelöst. Mehr als 8,6 Millionen Menschen sind vor den Kämpfen auf der Flucht. © Keystone

18.10.2024 - Sudan Joint Donor Statement

Hilfsorganisationen stossen im Sudan auf erhebliche Hürden bei der Versorgung. Die Blockade humanitärer Einsätze hat zu weitreichender Ernährungsunsicherheit geführt, während im Zamzam-Camp, das 500'000 Binnenvertriebene beherbergt, eine Hungersnot ausgebrochen ist. In einer gemeinsamen Erklärung fordern Geberländer, darunter die Schweiz, ungehinderten humanitären Zugang, um dringend nötige Hilfe zu leisten.

Sudan Joint Donor Statement (en) (PDF, 2 Seiten, 143.7 kB, Englisch)

 

Mitte April 2023 eskalierte die Gewalt im Sudan. Im flächenmässig drittgrössten Land Afrikas mit seinen rund 46 Millionen Einwohnern herrscht seither Krieg. Die andauernden Kämpfe zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den «Rapid Support Forces» (RSF), einer paramilitärischen Miliz, forderten Tausende Verletzte und Todesopfer. Als Folge des Konflikts sieht sich das Land mit einer der schlimmsten, von Menschenhand geschaffenen humanitären Katastrophen unserer Zeit konfrontiert: Gemäss Zahlen der UNO von Anfang Februar 2024 sind rund 25 Millionen Menschen, darunter 14 Millionen Kinder, im Sudan dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Davon leiden knapp 20 Millionen Menschen unter akutem Hunger. Es fehlt an allem, insbesondere an Nahrung, Wasser, Unterkünften und medizinischer Versorgung.

Der bewaffnete Konflikt führte ebenfalls zu Massenvertreibungen. Mehr als 8.6 Millionen Menschen waren gezwungen ihre Heimat zu verlassen, wovon circa 2 Millionen Menschen Zuflucht in den Nachbarstaaten Tschad, Südsudan, Ägypten, Äthiopien und der Zentralafrikanischen Republik suchten. Die Schweiz setzt sich mit ihrer internationalen Zusammenarbeit, der Friedensförderung und im multilateralen Rahmen – insbesondere mit ihren Einflussmöglichkeiten im UNO-Sicherheitsrat – dafür ein, die Folgen des Kriegs im Sudan und der Region abzufedern.

Direkte Unterstützung der Menschen vor Ort

Die Schweiz unterstützte die vom Krieg betroffenen Menschen im Sudan und in der Region durch ihre internationale Zusammenarbeit, 2023 im Umfang von 64 Millionen Franken. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist beispielsweise im südsudanesischen Juba präsent. Sie stellte 2023 zusätzliche Mittel in der Höhe von 18.1 Millionen Franken bereit, um ihre Partner, vor allem UNO-Organisationen, die NGO Norvegian Refugee Council und das IKRK, bei der Deckung der Bedürfnisse zu unterstützen. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf Grenzorte, wo Flüchtlinge in grosser Zahl ankommen. Ein Beispiel ist die Stadt Renk im Nordosten des Südsudan, die zu einem Zufluchtsort für viele Flüchtlinge aus dem Sudan geworden ist.

Aus dem Sudan geflüchtete Frauen, Kinder und Jugendliche warten mit ihrem Hab und Gut in einer Wüstenlandschaft.
Sudanesische Flüchtende warten darauf, nach dem Grenzübertritt in den Südsudan in das Transitlager in der grenznahen Stadt Renk gebracht zu werden. © Keystone

Über 730'000 Sudanesinnen und Sudanesen sind in den Nachbarstaat Tschad geflohen, der selber von politischer Instabilität und wirtschaftlicher Not betroffen ist. In der Hauptstadt N’Djamena stellte die DEZA Mittel in der Höhe von 11,2 Millionen Franken bereit, um die Menschen im Osten des Landes in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Ernährungssicherheit zu unterstützen.

Friedensdiplomatie

Die Schweiz hat im Sudan eine lange Tradition der Guten Dienste. So hat sie im Januar 2002 auf dem Bürgenstock Waffenstillstandsverhandlungen organisiert und im Rahmen des Friedensvertrags von 2005 massgeblich zur Beilegung des damaligen, jahrzehntelangen Bürgerkriegs beigetragen. Auch jetzt ist die Schweiz mit ihren Guten Diensten im Sudan aktiv. Mit den Instrumenten der Friedensdiplomatie und ihrem Sondergesandten für das Horn von Afrika engagiert sie sich insbesondere für die Schaffung inklusiver Dialogmöglichkeiten zugunsten einer politischen Lösung des Konflikts.

Einsatz für den Frieden und das humanitäre Völkerrecht an der UNO

Auch auf multilateraler Ebene setzt sich die Schweiz für den Frieden, den Schutz der Zivilbevölkerung, die Verbesserung der humanitären Situation und eine politische Lösung des Konflikts im Sudan ein. Als nichtständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats hat sie am 7. März 2024 eine Resolution unterstützt, die eine sofortige Beendigung der Feindseligkeiten fordert. Mit der Verabschiedung der Resolution appelliert der Sicherheitsrat an die Konfliktparteien, sich um eine nachhaltige Lösung des Konflikts zu bemühen, das humanitäre Völkerrecht strikt einzuhalten sowie einen sicheren, schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu ermöglichen.

14 der 15 Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats heben die Hand und verabschieden eine Resolution.
Der UNO-Sicherheitsrat verabschiedete am 7. März 2024 eine Resolution, die einen Waffenstillstand sowie einen sicheren und ungehinderten humanitären Zugang im Sudan fordert. © UN Photo

«Wir wiederholen unseren dringenden Appell an die SAF und die RSF, die Feindseligkeiten sofort einzustellen, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und die Zivilbevölkerung zu schützen», sagte die Schweizer UNO-Botschafterin Pascale Baeriswyl am 7. März 2024 an einem Briefing des Sicherheitsrats zur Situation im Sudan. Die Schweiz rief in New York die Konfliktparteien ebenfalls dazu auf, unverzüglich zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand und zum politischen Dialog zurückzukehren.

Internationale Geberkonferenz in Paris

Vor dem Hintergrund der humanitären Not im Sudan fand am 15. April 2024 eine internationale Geberkonferenz in Paris statt. Die Konferenz wurde von Frankreich, Deutschland und der Europäischen Union organisiert. Botschafter Nicolas Randin, Vizedirektor und Chef der Abteilung Subsahara-Afrika der DEZA hat die Delegation der Schweiz in Paris geleitet. Ziel war es einerseits ein politisches Zeichen zu setzen und die Konfliktparteien aufzufordern das humanitäre Völkerrecht zu respektieren sowie den dringend notwendigen humanitären Zugang zu ermöglichen. Andererseits wurden finanzielle Beiträge der Staatengemeinschaft anvisiert, welche dem Sudan 2024 für humanitäre Hilfe zugute kommen sollen. Die Schweiz beteiligt sich mit 19 Millionen Franken. 

Zum Anfang