Artikel, 04.11.2013

Der Vizedirektor der DEZA und Leiter des Bereichs Globale Zusammenarbeit Michel Mordasini zieht Bilanz aus seiner Tätigkeit, bevor er am 1. Dezember 2013 sein neues Amt als Vizepräsident des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) in Rom antritt. Michel Mordasini, der Akteur und zugleich Zeuge der Integration des globalen Ansatzes in die Arbeit der DEZA war, erläutert hier die strategische Rolle dieses Ansatzes.

Michel Mordasini blickt auf mehr als drei Jahrzehnte Tätigkeit in der internationalen Zusammenarbeit zurück. Der Vizedirektor der DEZA und Leiter des Bereichs Globale Zusammenarbeit ist ab Dezember 2013 Vizepräsident des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), einer Sonderorganisation der UNO mit Sitz in Rom.

Nach vierzehn Jahren im Feld – darunter sieben Jahre für die DEZA in Pakistan und Tansania – sowie Tätigkeiten im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), im Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und in der Weltbank kehrte Mordasini 2011 in die DEZA zurück. Dort war es seine Aufgabe, den neuen Bereich Globale Zusammenarbeit aufzubauen und in die DEZA zu integrieren. Kurz vor seinem Austritt zieht er nun Bilanz und erläutert den neuen Ansatz der Entwicklungszusammenarbeit.

Welches waren Ihre Prioritäten, als Sie 2011 ihre Arbeit als Leiter des Bereichs Globale Zusammenarbeit aufnahmen?

Zunächst einmal erschien es mir wichtig, in diesem Bereich ein gut funktionierendes Team aufzubauen, das sich hinsichtlich der globalen Herausforderungen darüber einig ist, dass sich die DEZA stärker engagieren muss. Ich stiess in einem günstigen Zeitpunkt zur DEZA: Damals ging es darum, im Dialog mit dem Parlament, den NGO und unseren Partnern aus dem Privatsektor die «Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2013–2016» zu formulieren.

Diese Botschaft unterstrich erstmals die Notwendigkeit, in der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit verstärkt konkrete Massnahmen zu verankern, die den Entwicklungsländern helfen, die neuen globalen Herausforderungen und Risiken zu bewältigen. Diese Position gewann breite politische Unterstützung, was meinem Bereich der Globalen Zusammenarbeit viele Impulse gab und uns die Möglichkeit bot, zur Öffnung der DEZA für den globalen Entwicklungsansatz beizutragen.

Warum wurde die globale Zusammenarbeit zum Aufgabenkatalog der DEZA hinzugefügt?

Angesichts der immensen Herausforderungen, mit denen wir weltweit konfrontiert sind, kann sich Zusammenarbeit ganz einfach nicht mehr auf die Betreuung von Projekten beschränken, bei denen Geber auf der einen und Empfänger auf der anderen Seite stehen. Die Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen, haben heute grenzüberschreitende und teilweise auch weltweite Dimensionen. Will die Schweiz ihren Ambitionen gerecht werden, dann muss sie ihre Entwicklungsarbeit breiter anlegen und enger mit den grossen multilateralen Organisationen wie der Weltbank und der UNO zusammenarbeiten.

Ich habe mich in der DEZA bemüht, Synergien zu entwickeln zwischen den umfangreichen Erfahrungen aus dem traditionellen länderspezifischen Engagement der DEZA und diesen neuen Dimensionen. In diesem Sinne haben wir vier globale Programme entwickelt, die sich mit Klimawandel, Ernährungssicherheit, Migration und Wasser befassen.

Welche Projekte faszinierten Sie besonders?

Die Projekte, die die Erfahrungen der DEZA nutzen und die zeigen, dass die Schweiz die Entwicklungszusammenarbeit spürbar beeinflussen kann. Die Schweiz bemüht sich zum Beispiel in Südamerika seit drei Jahrzehnten um die Verringerung von Nachernteverlusten namentlich aufgrund der Lagerhaltung. Der Bereich Globale Zusammenarbeit möchte dieses Knowhow und diese Erfahrungen für das gesamte Subsahara-Afrika nutzbar machen. Eine internationale Ausschreibung wurde lanciert, und wir konnten bereits die erste Etappe dieses für die Ernährungssicherheit so wichtigen Projekts einleiten.

Es gibt aber auch Projekte mit starker Innovationskomponente, darunter etwa das Projekt Wasserfussabdruck, das mehrere in Kolumbien tätige schweizerische multinationale Unternehmen veranlasste, den Wasserverbrauch in ihren Produktionszyklen zu verringern. Inzwischen sind ihnen mehrere kolumbianische Grossunternehmen gefolgt, und weitere lateinamerikanische und asiatische Länder haben Interesse bekundet. Die Globale Zusammenarbeit unterstützt auch die Entwicklung einer internationalen Norm (ISO) für sparsamen Verbrauch von Wasser in Industrie und Landwirtschaft.

Wie positioniert sich die Schweiz in der Zusammenarbeit mit grossen multilateralen Organisationen wie Weltbank, UNO und Globalem Fonds?

In diesen Organisationen fungiert die Schweiz häufig als Brückenbauerin zwischen den Blöcken. Sie hat den Vorteil, dass sie keine kurzfristigen politischen oder wirtschaftlichen Ziele anstrebt. Sie steht für Vernunft, Pragmatismus, Erfahrung und Respekt gegenüber Partnern.

Die Schweiz ist an den Beschlussfassungen und der Verwaltung der Budgets der multilateralen Institutionen beteiligt. Dies versetzt uns in die Lage, ihre Leistungen einschätzen und sie gegebenenfalls auch kritisieren zu können. Das ist unsere Stärke. So können wir unsere Werte und unser langfristigeres Denken einbringen. Die Schweiz engagiert sich zum Beispiel für eine Überprüfung der Funktionsweisen der UNO-Organisationen im Entwicklungsbereich, damit sie effizienter werden.

Weiterhin offen ist die Frage des Zugangs der Schwellenländer zu den multilateralen Organisationen: Diese Länder haben den Eindruck, dass sie dort nicht zu Wort kommen, und auch die armen Länder spielen dort nach wie vor nur eine marginale Rolle. Es geht hier um die Gouvernanz dieser Organisationen, und die Schweiz befasst sich sehr intensiv mit diesem Thema.

Haben Sie vor, in Ihrem neuen Amt als Vizepräsident des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) «helvetische» Werte zu vermitteln?

Ja, ich möchte tatsächlich schweizerische Ansätze einbringen: Offenheit für andere Kulturen, strategisches Denken und Respekt gegenüber den Partnern. Der IFAD ist sowohl eine Finanzinstitution als auch eine Sonderorganisation der UNO. Seine Aufgaben sind genau festgelegt: Er soll Armut bekämpfen, in armen ländlichen Gebieten die Ernährungssicherheit verbessern und nachhaltige Landwirtschaft fördern. Die wichtigsten Partner des IFAD sind die Kleinbauern, die zurzeit 70% der gesamten weltweiten Lebensmittelerzeugung liefern.

Ich halte es für sinnvoll, dass der IFAD Allianzen zwischen multilateralen und bilateralen Akteuren fördert und die delegierte Verwaltung der Hilfe befürwortet. Auch seine Leitung ist interessant: Ihr gehört zum Beispiel die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) an. Diese Länder werden sich verstärkt in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren müssen. Zum Thema ländliche Entwicklung gehören auch Themen wie Klimaerwärmung, Zugang zu Wasser und Migration. Im IFAD werde ich mich also auch künftig mit den Themen beschäftigen, die mir vertraut sind und bei denen ich alle meine bisherigen Erfahrungen nutzen kann.

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Letzte Aktualisierung 13.01.2023

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