Für die Armutsbekämpfung, den Übergang zu einer nachhaltigen Entwicklung und den vertieften Wissensaustausch spielt die Forschung eine entscheidende Rolle. Dabei sind technologische Fortschritte ebenso relevant wie soziale und politische Innovationen. Mit ihrem Fachwissen und weltweiten Netzwerken leisten Wissenschaftler an Universitäten, Fachhochschulen und Forschungsinstituten einen wichtigen Beitrag zur Lösung globaler Probleme.
Wissenschaft und Forschung für nachhaltige Lösungen
Eine Karte zum blauen Gold
Als im Jahr 2004 Zentausende von Flüchtlingen aus Darfour in den Tschad kamen, gab das UNO Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) eine Kartografierung der Wasserressourcen im Tschad in Auftrag. Ziel war es, die Wasserversorgung sowohl der Flüchtlinge als auch der lokalen Bevölkerung sicherzustellen. Mit Hilfe dieser Karte konnten Flüchtlingslager in der Nähe von ganzjährig ergiebigen Wasserquellen errichtet werden.
Die Wasserknappheit stellt im Tschad aber über die Flüchtlingskrise hinaus ein grosses Problem dar.: Wasser ist im Tschad seit jeher ungleich verteilt, schwierig erreichbar und wenig erforscht. Eine nachhaltige Wassernutzung ist aber gerade auch wegen der Auswirkungen des Klimawandels entscheidend für die Entwicklung. Denn sie wirkt sich nicht nur auf die landwirtschaftliche Produktion und Ernährungssicherheit, sondern auch auf die Gesundheit der Bevölkerung aus. Die Erweiterung des Wissens um die Ressource Wasser sowie eine Stärkung der Wasserbewirtschaftung sind zudem Voraussetzung für eine aktive, nachhaltige und souveräne Nutzung der Ressource – und das bildet wiederum die Grundlage dafür, dass der Tschad seine Entwicklungsziele erreicht.
Weil die Schweiz über eine besondere Expertise im Bereich der Kartografie und der Hydrogeologie verfügt, fragte das tschadische Wasserministerium im Jahr 2009 die DEZA und UNITAR (United Nations Institute for Training and Research) an, ein Konzept zur Kartografierung der Wasserressourcen im Tschad zu erstellen.
Wasserressource aktiv bewirtschaften
Das Projekt gründet somit auf einer Zusammenarbeit der Schweiz (DEZA, swisstopo, Universität Neuchâtel), des Tschads (Ministerium für Hydraulik, Universität N‘Djamena), UNOSAT/UNITAR (UNO Genf) und anderen Partnern. Übergeordnetes Ziel ist es, dass der Tschad klimatischen Schwankungen besser begegnen kann, indem er die Ressource aktiv bewirtschaftet. In der ersten Phase des Projekts konnte einerseits ein Wasserressourceninformationssystem etabliert werden und andererseits wurden 27 hydrogeologische Karten produziert, die zusammen eine Fläche abdecken, die 10 Mal grösser ist als die Schweiz. Zudem konnte ein Masterstudiengang in Hydrologie an tschadischen Universitäten in Zusammenarbeit mit der Universität Neuchâtel etabliert werden.
In einer seit September 2015 laufenden zweiten Projektphase werden nun Wasserressourcen in drei bisher noch nicht beforschten Regionen im Becken des Tschadsees kartografiert. Ein Schwerpunkt liegt dabei auch auf der Nutzung des produzierten Wissens.
Wasser für Tschad, swisstopo
DEZA-Länderseite Tschad
DEZA-Projekt Kartografierung der Wasserressourcen (fr)
DEZA-Themenseite Wasser
Friedensbekenntnisse in fragilen Kontexten
Kriege und Konflikte betreffen häufig die gesamte Bevölkerung. Doch immer sind Täter und Opfer, Männer und Frauen, Buben und Mädchen unterschiedlich betroffen. Deshalb untersuchte ein internationales Forschungsteam, wie die unterschiedlichen Augenzeugenberichte über einen Konflikt dazu beitragen können, dem Ausbruch von Gewalt künftig vorzubeugen. Für die Untersuchung riefen sie das Projekt «Pluralistic Memories» ins Leben.
Das Projekt wird an der Universität Lausanne durchgeführt und umfasst ein internationales Doktoranden- und Mentoringprogramm. Forschungsschwerpunkt sind drei fragile Kontexte, in denen es wiederholt zum Ausbruch von Gewalt gekommen ist: Sri Lanka, Burundi und das Besetzte Palästinensische Gebiet.
Bei «Pluralistic Memories» geht es in erster Linie darum, den Frieden zu fördern, indem die Erinnerungen der an Konflikten Beteiligten dokumentiert werden. Ehemalige Konfliktbeteiligte sollen ermutigt werden, sich offen über den Konflikt und ihre Erfahrungen zu äussern. Dadurch soll die Toleranz gefördert und Gemeinschaften weniger konfliktanfällig gemacht werden, sollte später erneut die Gefahr auf Gewaltakte oder politische Provokationen bestehen.
«Lebendige Archive»
In Sri Lanka zum Beispiel unterstützt das Projekt den Aufbau sogenannter «lebendiger Archive». Gemeinsam mit Basisorganisationen im ganzen Land organisieren Forschende Workshops, deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu ermutigt werden, einem breiteren Publikum über ihre Erfahrungen zu berichten.
2015 konnten die Forschenden im Rahmen dieses Projekts eine Vielzahl an persönlichen Erfahrungsberichten aus verschiedenen Ländern und Kontexten zusammenstellen. Diese Augenzeugenberichte sind aufschlussreicher als die offizielle Kriegsberichterstattung. Sie zeigen, wie unterschiedlich die an Kämpfen Beteiligten und die von Kämpfen Betroffenen den gleichen Konflikt wahrnehmen und empfinden können.
Das Projekt «Pluralistic Memories» ist Teil des «Swiss Programme for Research on Global Issues for Development» (r4d-Programm), das von der DEZA und dem Schweizerischen Nationalfonds durchgeführt und finanziert wird. Das r4d-Programm fördert forschungsbasierte Lösungen zur Verringerung der Armut in Afrika, Asien und Lateinamerika sowie die Bereitstellung öffentlicher Güter für die Bevölkerung in Entwicklungsund Schwellenländern.