Der Erweiterungsprozess

Seit 1957 traten der Europäischen Union (EU) immer wieder neue Länder bei. 2004 wurden zehn Staaten gleichzeitig EU-Mitglieder, vorher traten jeweils ein bis drei Länder gemeinsam bei. Der Erweiterungsprozess der EU ist auch deshalb interessant, weil die Perspektive eines EU-Beitritts in vielen Staaten innenpolitisch eine bedeutende Rolle spielt. Nach vielen Beitritten verliess 2020 mit dem Vereinigten Königreich erstmals ein Land die Union. 

2004 vollzog die Union die grösste Erweiterungsrunde ihrer Geschichte. Polen, Ungarn, Slowenien, Tschechien, Slowakei, Lettland, Estland, Litauen, Zypern und Malta traten der EU bei. 2007 kamen mit Bulgarien und Rumänien zwei weitere Staaten hinzu. Seit dem Beitritt Kroatiens am 1. Juli 2013, ist kein weiteres Land der EU beigetreten. Nach dem Austritt Grossbritanniens 2020 zählt die EU 27 Mitgliedstaaten. 

Erweiterung der EU: Bedeutung und Folgen

Beitrittsperspektive und Beitritt spielten eine wichtige Rolle beim friedlichen Übergang der Beitrittsländer zu Demokratie und sozialer Marktwirtschaft. Die Osterweiterung ermöglichte die Überwindung der ideologischen Spaltung Europas durch den Kalten Krieg und bedeutete einen entscheidenden Schritt hin zu mehr Stabilität und gemeinsamem Wohlstand in Europa. Die EU ist bevölkerungsmässig gewachsen und hat seit dem Beitritt Kroatiens 24 offizielle Amtssprachen, darunter seit 2007 auch Gälisch. Zudem werden verschiedene Regionalsprachen vom Rat der EU anerkannt, beispielsweise Katalanisch oder Baskisch. Die Mitgliedstaaten können für diese Regionalsprachen ebenfalls Übersetzungen gewisser Dokumente beantragen.

Wer kann EU-Beitrittskandidat werden? Die Aufnahme von potenziellen Kandidaten unterliegt politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen - den Kopenhagener Kriterien. 

Erweiterungsprozess: Entwicklung seit 2003

Im Jahr 2003 stellte die EU den Ländern des Westbalkans einen Beitritt in Aussicht, vorausgesetzt, sie erfüllen die dafür notwendigen Kriterien. Mit Serbien und Montenegro führt die EU bereits Beitrittsverhandlungen. Auch den Ländern Albanien, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo wird eine europäische Perspektive in Aussicht gestellt. Innerhalb der EU ist nebst jenem der Balkanstaaten der Beitritt der Türkei umstritten; die Beitrittsverhandlungen haben 2005 begonnen. Der letzte Beitrittsbericht der Kommission über die Situation in der Türkei spricht jedoch unter anderem von einem ernsthaften Rückschritt betreffend die Unabhängigkeit der Justiz sowie die freie Meinungsäusserung im Land. Im Juni 2022 erhielten die Ukraine und Moldau den Status von Beitrittskandidaten, im Dezember 2022 Bosnien-Herzegowina.