Aktionsfeld 2: Humanitäre Minenräumung vor Ort

Die Schweiz engagiert sich direkt in den Staaten und Regionen, die durch Minen und andere Kampfmittel belastet sind. Dabei setzt sie das Schwergewicht auf die Räumung, auf die Aufklärung über Gefahren sowie auf die Hilfe für Opfer. Nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe unterstützt sie dabei insbesondere die Entwicklung nachhaltiger nationaler Kapazitäten.

Karte mit den Ländern, in denen die Schweiz in der humanitären Minenräumung aktiv ist.
Vor Ort legt die Schweiz den Schwerpunkt auf die Minenräumung, die Aufklärung über Gefahren und die Hilfe für die Opfer. © EDA

Durch Projekte und Entsendungen von Expertinnen und Experten erhöht die Schweiz die Sicherheit der betroffenen Menschen und ermöglicht eine nachhaltige Entwicklung.

Räumung von Minen und Kampfmitteln

Die Räumung von Minen und anderen Kampfmitteln verhindert Leid und trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. Vertriebene Personen können zurückkehren, Felder wieder bewirtschaftet und zerstörte Infrastruktur wieder aufgebaut werden.

Bewältigung der Altlasten des Krieges im Norden Sri Lankas

Auch 15 Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs können intern Vertriebene in Sri Lanka teils nicht nach Hause zurückkehren, da ihre Dörfer und Felder von Minen belastet sind. Die AFM unterstützt deshalb die internationale Minenräumorganisation The Halo Trust, um Minenfelder zu räumen und diese Gebiete wieder sicher zugänglich zu machen. Die Schweiz fokussiert dabei auf den Norden, der besonders stark vom Krieg betroffen war und auch heute noch unter dessen Folgen leidet. Im Rahmen des Schweizer Projekts wurden 2023 knapp 350 Personenminen und über 50 weiter explosive Kriegsmunitionsrückstände geräumt. Über 1'500 Personen profitierten direkt davon, insbesondere können sie auf dem entminten Gebiet wieder landwirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen.

Eine Frau, die für die Organisation The Halo Trust arbeitet, sucht in einem Wald mit einem Minensuchgerät nach Minen.
Minenräumerin der Organisation The Halo Trust im Einsatz im Norden Sri Lankas. © The Halo Trust
Eine Frau, die für die Organisation The Halo Trust arbeitet, sucht in einem Wald mit einem Minensuchgerät nach Minen.
Minenräumerin der Organisation The Halo Trust im Einsatz im Norden Sri Lankas. © The Halo Trust

Sri Lanka strebt an, bis 2028 die Minenräumung auf seinem Staatsgebiet abgeschlossen zu haben. Die AFM unterstützt deshalb auch die NGO Mines Advisory Group bei der Entwicklung und Umsetzung einer Übergangsstrategie für Hunderte von Arbeiterinnen und Arbeitern im Bereich der Minenräumung, damit diese nach Abschluss der Räumarbeiten wieder in anderen Wirtschaftssektoren eingesetzt werden können.

Opferhilfe

Nachdem die Opferzahlen von Minen und anderen Kampfmitteln bis 2013 stark gesunken waren, wurde in den letzten Jahren wieder ein markanter Anstieg verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden mindestens 4’710 Menschen durch Minen und andere Kampfmittel verletzt oder getötet. Die Opferhilfe ist fester Bestandteil der humanitären Minenräumung. Betroffene Personen benötigen oft eine lebenslange Unterstützung. Die Opferhilfe umfasst dabei die Notfall- und laufende medizinische Versorgung, Rehabilitation, psychologische und psychosoziale Unterstützung sowie sozioökonomische Eingliederung.

Unterstützung durch Betroffene in Kolumbien

In Kolumbien finden verschiedene bewaffnete Konflikte statt. Nichtstaatliche bewaffnete Gruppen setzen weiterhin Personenminen ein. Bis Anfang 2024 verzeichnet Kolumbien offiziell 12’409 Opfer von Minen und anderen Kampfmitteln, von denen 96 im Jahr 2023 registriert wurden. Davon waren 61 % Zivilpersonen.

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des EDA unterstützt in Kolumbien die NGO Humanity & Inclusion (HI). Diese ist im Bereich der humanitären Minenräumung aktiv, darunter auch in der Rehabilitation von Minenopfern durch die Hilfe von betroffenen Personen. Dabei werden Überlebende von Minenunfällen durch Menschen mit ähnlichen Lebenserfahrungen unterstützt. Im Jahr 2023 profitierten 330 Personen davon, darunter 28 Minenopfer.

Andres Betancourt ist Überlebender eines Sprengkörperunfalls von 2006, der am Projekt von HI teilgenommen hat. «HI und Pastoral Social» (eine lokale Partner-NGO) haben ihm psychosoziale, rechtliche und sozioökonomische Unterstützung zur Verfügung gestellt. Heute arbeitet Andres ehrenamtlich als psychosozialer Betreuer und unterstützt andere Minenopfer, insbesondere bei ihrer Ankunft im Krankenhaus.

Andres Betancourt sitzt auf einer Treppe. Er trägt eine Beinprothese.
Andres Betancourt. © Humanity & Inclusion

Aufklärung über Gefahren von Minen und anderen Kampfmitteln

Die Aufklärung über die Gefahren von Minen und anderen Kampfmitteln verhindert neue Unfälle, fördert Verhaltensänderungen und rettet Leben. Angesichts des andauernden Einsatzes von Minen und des Anstiegs neuer Opfer weltweit ist dieses Engagement besonders wichtig.

Syrien

Die DEZA unterstützt in Syrien die NGO «Humanity & Inclusion», welche Opfer von Minenunfällen unterstützt und Aufklärungsmassnahmen über die Gefahren von Minen und anderen Kampfmitteln durchführt. Dazu gehören unter anderem Informationsveranstaltungen für lokale Gemeinschaften, die in betroffenen Gebieten leben, wie durch das Team für humanitäre Minenräumung in Idlib und Aleppo. Ziel ist es, das Bewusstsein der Bevölkerung für die Gefahren von Kampfmitteln zu stärken. Dabei kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, wie Wandzeichnungen, Theateraufführungen, Unterhaltung, Lieder, Wettbewerbe und die Verteilung von Motivationsmaterial, das auf die Bedürfnisse von Kindern zugeschnitten ist.

Syrische Kinder schauen sich in einem Saal einen Zeichentrickfilm an.
Kinder, die an einer Schulung zur Risikoaufklärung in der Atmeh-Schule (Syrien) teilnehmen. © Humanity & Inclusion

Kapazitätsaufbau in betroffenen Ländern

Humanitäre Minenräumung ist nur nachhaltig und relevant, wenn die Eigenverantwortung der am meisten betroffenen Menschen gestärkt wird. Die Schweiz unterstützt die Entwicklung nachhaltiger nationaler Kapazitäten im Rahmen von Projekten und entsendet Minenräumungsexpertinnen und -experten der Armee in Minenräumprogramme der UNO. Zudem fördert sie Trainingskurse mit Partnern wie dem Genfer internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung (GICHD) und UNO-Organisationen wie UNICEF, UNOPS, UNMAS, UNDP.

Schweizer Expertise in für den Minenräumdienst der UNO (UNMAS)

Seit September 2022 entsendet die Schweiz einen technischen Experten an den Hauptsitz von UNMAS in New York, der sein Fachwissen zu behelfsmässigen Sprengvorrichtungen (improvised explosive devices, IEDs) einbringt. Er arbeitet in einem spezialisierten Team, dem Threat Mitigation Advisory Team, welches die UNO bei der strategischen Planung unterstützt und Richtlinien entwickelt, um die Gefahr für das UNO-Personal im Feld zu minimieren. Dabei werden standardisierte Schulungsprogramme zur Entschärfung von IED-Bedrohungen entwickelt. Diese dienen nicht nur den Ländern, die Friedenstruppen stellen, sondern kommen auch humanitären Missionen und dem Aufbau nationaler Kapazitäten zugute. Das Team überwacht und verfolgt auch neue IED-Trends und die entsprechenden Entschärfungstechniken und -technologien. Dadurch werden UNMAS und das UNO-System befähigt, die Auswirkungen von IEDs in allen Missionsbereichen durch einen kohärenten und koordinierten Ansatz in diesen Bereichen zu antizipieren und abzuschwächen.

Personal der UNO-Mission MINUSCA suchen mit Minensuchgeräten nach Minen in der Nähe einer Brücke.
Der Schweizer IED-Experte im Einsatz bei der Vorbereitung eines Kontingents der UNO-Mission in der Zentralafrikanischen Republik (MINUSCA) in Burundi. © UNMAS

Fokus Ukraine

Seit Februar 2022 ist die Ukraine zu einem der am stärksten verminten Ländern der Welt geworden. Schätzungen zufolge ist fast ein Drittel des ukrainischen Staatsgebietes, eine Fläche viermal so gross wie die Schweiz, möglicherweise durch Minen und andere Kampfmittel belastet. Angesichts dessen kann die Ukraine, seit langem als Kornkammer Europas bekannt, die landwirtschaftliche Produktion nicht vollständig wiederaufnehmen. Minen und andere Kampfmittel gefährden Leib und Leben von Bäuerinnen und Bauern, die ihre Felder bestellen, oder von Kindern, die draussen spielen.  Zu oft kommt es zu tragischen Unfällen. Die humanitäre Minenräumung hat höchste Priorität und ist eine Voraussetzung für den Wiederaufbau des Landes.

2023 hat die Schweiz ihr Engagement für die humanitäre Minenräumung in der Ukraine stark ausgebaut und auf insgesamt 15 Millionen Schweizer Franken erhöht. Zwei Kernpartner sind das Genfer internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung (GICHD) und die Fondation suisse de déminage (FSD). Das GICHD bietet der Ukraine Schulungen, strategische Unterstützung und technische Beratung an, um die Kapazitäten der staatlichen Institutionen zu stärken. FSD hat ihr 2015 im Donbass begonnenes Engagement ausgeweitet. Sie führt in den östlichen Regionen der Ukraine Erhebungen, Räumungen und Aufklärung über die Gefahren von Kampfmitteln durch und weitet ihre Tätigkeit auf die südlichen Landesteile aus. Darüber hinaus unterstützte die DEZA auch Anstrengungen der UNO, insbesondere um landwirtschaftliche Flächen von Minen und Kampfmitteln zu räumen und betroffene Bäuerinnen und Bauern zu unterstützen. Dies stärkt auch die weltweite Nahrungsmittelsicherheit. Nicht zuletzt hat das VBS hat im August 2023 dem zivilen ukrainischen Dienst für Katastrophenhilfe (State Emergency Service of Ukraine, SESU) eine Minenräummaschine der schweizerischen Stiftung DIGGER übergeben. 

Am 29. September 2023 genehmigte der Bundesrat ein Paket in der Höhe von 100 Millionen Franken über vier Jahre (2024-2027), um zivile Gebiete in der Ukraine von Minen zu räumen und den Wiederaufbau des Landes zu ermöglichen. Die Mittel werden je zu einer Hälfte durch das VBS und das EDA bereitgestellt. Dies erlaubt es der Schweiz und ihren Partnerorganisationen, ihren Einsatz auszuweiten und die Wirkung ihrer Beiträge zugunsten der Ukraine zu verstärken. Das EDA (AFM, DEZA) und das VBS koordinieren die Umsetzungsarbeiten eng und arbeiten dabei mit verschiedenen Partnerorganisationen zusammen.

Video über das Engagement der Schweiz in der humanitären Minenräumung in der Ukraine.

 

Letzte Aktualisierung 04.04.2024

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