Regionale Entwicklung und Naturschutz vereint

Lokale News, 20.02.2018

Arbeitsplätze und Perspektiven schaffen durch Umweltschutz: Diesen innovativen Ansatz unterstützte die Schweiz in Bulgarien. Das Projekt «Linking Nature, Protection and Sustainable Rural Development» förderte unter anderem die Bio-Landwirtschaft, die Produktion von regionalen Produkten und den ökologischen Tourismus in der ärmsten Region der EU.

Vier Einmachgläser mit verschiedenen Marmeladen.
Die Nachfrage nach regionalen und nachhaltig produzierten Produkten steigt in Bulgarien. © DEZA

Das bulgarische Gebiet Severozapaden ist die ärmste Region in der EU. Trotz der Nähe zur Hauptstadt Sofia, haben viele der Einwohnerinnen und Einwohner kein gesichertes, regelmässiges Einkommen. Zahlreiche verlassen deswegen ihre Heimat, um in der Stadt oder im europäischen Ausland Arbeit zu finden. Gleichzeitig ist ein Grossteil der Region ein Natura2000-Schutzgebiet. Mit diesem Label sind EU-Gebiete deklariert, die eine hohe Biodiversität aufweisen und daher besonders schützenswert sind. Die Schweiz unterstützte in dieser Region und im zentralen Balkangebirge ein innovatives Projekt, das regionale Entwicklung und Naturschutz geschickt verknüpft. Das Grossprojekt hat verschiedene Instrumente angewendet, mit denen aufgezeigt wurde, dass diese Verbindung eine Win-Win-Situation für lokale Unternehmen, die ansässige Bevölkerung und einen verantwortungsvollen Umgang mit  der Umwelt mit sich bringt. Drei dieser Ansätze werden hier vorgestellt.

Involviert war eine grosse Anzahl von Akteuren: Neben Bulgarischen und Schweizer NGOs waren lokale Betriebe aus Landwirtschaft und Tourismus sowie die bulgarische Regierung in die Projektumsetzung eingebunden.

Belohnungen für nachhaltige Produktion

Mit dem Projekt «Linking Nature, Protection and Sustainable Rural Development» haben bulgarische NGOs die Bevölkerung dabei beraten, durch die Produktion regionaler Produkte nicht nur ein Einkommen zu generieren, sondern auch die natürlichen Ressourcen nachhaltig zu nutzen.

So erhielten über 30 Landwirtschaftsbetriebe Unterstützung und sind heute in der Lage, Milchprodukte wie Joghurt oder Käse direkt auf dem Hof zu produzieren und vermarkten. Auch die Herstellung von Honig sowie der Verkauf von Eiern wurde gefördert. Dies ist auf legaler Ebene erst durch das Projekt möglich geworden: Im Dialog mit den bulgarischen Behörden wurde eine vorher nichtexistierende gesetzliche Grundlage für den Verkauf von Landwirtschaftsprodukten direkt ab Hof geschaffen. Um die Bewilligung für den Direktvertrieb zu erhalten, müssen die Bauernbetriebe nationale Standards erreichen, z.B. in ihren Kühlanlagen oder Gerätschaften für den Molkerei- und Käsereibetrieb, wofür viele nicht die eigenen Mittel hatten. In der Anschaffung der notwendigen Infrastruktur wurden Bauernbetriebe, welche mit besonderer Umsicht auf die Biodiversität produzieren, vom Projekt unterstützt, sodass sie ihre Produkte nun direkt vermarkten können.

Für nachhaltige lokale Produkte existiert eine hohe Nachfrage aus der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Durch das Projekt wurde ein wöchentlich stattfindender Bauernmarkt gestartet. Dessen grosser Erfolg zeigt auf: Regionale Lebensmittel ab Hof sind gefragt und mit dem Direktverkauf an Kunden erzielen die Bauern bis zu dreimal höhere Einnahmen.

Dies kann auch der junge Imker Theodor bestätigen: Er kommt mit der Honig-Produktion kaum nach und kann von den direkten Verkäufen gut leben. Durch das Projekt erhielt er Unterstützung bei der Ausarbeitung einer Marketing-Strategie sowie zum Kauf von hochwertigem Equipment für die Honigproduktion.

Naherholungsgebiet dank Tradition und Kulinarik

Dank der unmittelbaren Nähe zu Sofia birgt der Nordwesten Bulgariens grosses Potential für den Tourismus. Die grasbewachsenen Hügel und das Bergpanorama im Hintergrund laden zu Wochenendausflügen, Wanderungen und Velotouren ein. Mehr und mehr Hauptstädterinnen und Hauptstädter entdecken die Region als Naherholungsziel. Um diesen Touristinnen und Touristen etwas bieten zu können, verkauft die Unternehmerin Maya selbst gemachte Konfitüre in ihrem Laden. Die Beeren pflückt sie wild in den Bergen – fernab von Strassen und Verschmutzung. Dank Schweizer Unterstützung bietet das kleine Geschäft neben regionalen Produkten bald auch weitere Attraktionen: Eine Werkstatt soll über die traditionelle Kelim-Teppichweberei informieren und in der Backstube werden künftig Brote nach lokalem Rezept gebacken.

Maya wurde bei der Eröffnung ihres Kleinbetriebs sowohl finanziell als auch technisch darin unterstützt, die entsprechenden Bewilligungen für die Eröffnungen eines Geschäfts zu erhalten, einen Businessplan für ihr Unternehmen aufzustellen und ihre Produkte gezielt zu vermarkten. Mit der Unterstützung von Klein-Unternehmen, die wie jenes von Maya lokal und nachhaltig produzieren, illustriert das Projekt wie mit geschützter Natur Geld verdient werden kann.

Innovative Förderung von Umwelt- und Landschaftspflege

Um den umweltverträglichen Tourismus und die Landschaftspflege anzukurbeln, wurde ein findiger Finanzierungsmechanismus angewendet, sogenannte «Private Payment for Ecosystem Services» (PPES). Dabei wurde von den Projektleitenden nach Unternehmen in bestimmten Regionen gesucht, welche Geld in einen Fonds einzahlten. Aus diesem Topf wurden dann Projekte finanziert, welche den grünen Tourismus oder Initiativen, welche die Biodiversität erhalten, in der Region förderten. Beispielsweise wurden Wanderwege für aktive Touristen und Picknickplätze für Ruhepausen erstellt, aber auch geschützte Naturgebiete restauriert. Geführt wird der Fonds jeweils von einem lokalen NGO mit dem Auftrag, die Region attraktiver zu gestalten. Dies stellt auch die Grundmotivation der Unternehmer dar, Geld darin einzuzahlen: Betriebe wie kleine Hotels oder Mayas Laden mit lokalen Bio-Produkten und traditionellen Workshops für Touristen profitieren von einer steigenden Attraktivität der Region für Ökotouristen, da durch steigende Besucherzahlen höhere Umsätze generiert werden können.