Noch vermutet man in Kroatien mehrere hundert km² an minenverseuchten Gebieten. Neben der Gefahr für die Bevölkerung verhindern die Minen die Nutzung von Wald- und Agrarflächen. Auf der Grundlage internationaler Verträge sollte Kroatien ursprünglich bis März 2019 alle Antipersonenminen vernichtet haben. Diese Frist wurde nun bis 2026 verlängert, da die Minenräumung trotz grosser nationaler Investitionen und finanzieller Unterstützung aus der EU nur langsam voranschreitet. Die verbleibenden Flächen sind schlecht zugänglich und die Entminungsarbeiten geld- und zeitintensiv. Kroatien bleibt deshalb auf externe Unterstützung angewiesen. Die Schweiz unterstützt mit einem Beitrag von 3 Millionen CHF Massnahmen zur Beseitigung von Minen und zur Besserstellung von Minenopfern sowie deren Familien. Die Schweiz konnte bereits zur Beschleunigung der Minenräumung beitragen.
Rekordschnelle Entminung im Wald von Kotar-Stari Gaj
Im September 2018 entschärften 294 kroatische Minenräumer im Wald von Kotar-Stari Gaj eine Fläche von 1,8 km². Dabei wurden 3585 zurückgelassene Sprengkörper aus dem Kroatienkrieg entschärft. Durch umfangreiche Planungsbemühungen des kroatischen Zentrums für Entminung (CROMAC) und grossem personellem Einsatz konnte die von der Schweiz finanzierte Räumung ohne Zwischenfälle in einer Rekordzeit von nur 39 Tagen erfolgen. Vergleicht man diese Zahl mit dem jährlichen Durchschnitt entschärfter Minen in ganz Kroatien (2000-3000 Minen pro Jahr) wird deutlich, wie effizient die Entminungen im Rahmen des Schweizer Projekts vollzogen wurden. Mit 9567 entschärften explosiven Kriegsresten im Jahr 2018 hat CROMAC somit die bisherige Höchstzahl erreicht. Die definitive Freigabe der Fläche für eine produktive Nutzung wird erst erfolgen, wenn umliegende Flächen ebenfalls entmint worden sind.
Das durch den Schweizer Erweiterungsbeitrag entminte Waldgebiet Kotar-Stari Gaj liegt 60 km südlich der kroatischen Hauptstadt Zagreb und grenzt an Bosnien. Das Gebiet gilt als eines der gefährlichsten Minengebiete Kroatiens. Nach dem Krieg waren aus den anliegenden Dörfern mehr zivile Opfer zu verzeichnen als während des Kriegs. Seit 1991 sind allein in diesem Wald 31 Menschen durch Minen getötet und 45 schwer verletzt worden. Ein monumentaler Grabstein gedenkt vor Ort einem tödlich verunglückten Minenräumer. Obwohl sich die lokale Bevölkerung gegenüber der Räumung dankbar zeigt und sich nun wieder sicherer fühlt, verbleibt wegen der negativen Erfahrungen über Jahre eine gewisse Angst, sich dem Wald zu nähern.
Aufklärungsarbeit führt zu einer Senkung der Opferzahl
Seit 2017 gab es in Kroatien keine minenbezogenen Unfälle mehr. Einer der Hauptgründe dafür ist die geleistete Aufklärungsarbeit zu den Minenrisiken. In ganz Kroatien wurden über 12’300 Minenwarnschilder aufgestellt. Zudem kann sich die Bevölkerung über das App «Misportal» von CROMAC mittels Detailkarten über gefährliche Gebiete informieren. App-Nutzende werden gewarnt, sobald sie sich in Richtung eines Minengebiets bewegen. Sind sie in Gefahr, können sie sich durch Drücken eines Alarm-knopfs direkt mit dem zuständigen Dienst verbinden. Im Rahmen des vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik (GCSP) verliehenen Preises für Innovation in der globalen Sicherheit wurde diese App als eine der sechs besten Erfindungen für das Jahr 2018 ausgezeichnet.
Eingliederung der Minenopfer in die Gesellschaft und Wirtschaft
Neben der physischen Entminung und der Aufklärungsarbeit ist die Opferhilfe ein wichtiger Pfeiler eines gesamten Massnahmenpakets beim Betreiben von «Mine-Action». Das schweizerisch-kroatische Projekt beinhaltet eine Komponente zur Unterstützung der Opfer und deren Familien. Eine nationale Datenbank mit Bedarfsanalyse der Minenopfer ist in Umsetzung. Auch Massnahmen zur wirtschaftlichen und sozialen Integration der Betroffenen sind in Ausarbeitung und sollen bis zum Zeitpunkt des Projektabschlusses im Jahr 2024 umgesetzt sein.
Es bleibt noch viel zu tun: Schätzungsweise liegen in Kroatien noch 368 km² Fläche mit rund 32'000 explosiven Kriegsrückständen vor. Damit der kroatischen Bevölkerung sichere Lebensbedingungen geboten werden können, ist Kroatien auch in Zukunft auf weitere Unterstützung der Schweiz angewiesen.