Artikel, 06.10.2016

Das am 6. Oktober in Genf eröffnete Verbindungsbüro von UN Women will den Fokus stärker auf die Geschlechtergleichstellung und die Selbstbestimmung der Frauen im internationalen Umfeld legen. Die Schweiz unterstützt die Organisation seit ihrer Gründung 2010. Interview mit der Generaldirektorin von UN Women, Phumzile Mlambo-Ngcuka.

Phumzile Mlambo-Ngcuka, Generaldirektorin von UN Women, umgeben von Mädchen.
Für Phumzile Mlambo-Ngcuka, Generaldirektorin von UN Women, braucht es noch viele Anstrengungen, um das Geschlechtergleichstellungsziel der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. © UN Women

Frau Phumzile Mlambo-Ngcuka, wo sehen Sie die Vorteile einer stärkeren Präsenz von UN Women in Genf?

Genf ist für die Arbeit von UN Women eine wichtige internationale Plattform. Mit einer stärkeren Präsenz in Genf können wir Sektoren erreichen, die für die Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung eine zentrale Rolle spielen, namentlich Menschenrechte, Gesundheit, Abrüstung, humanitäre Hilfe, Arbeit, Handels- und Wirtschaftsförderung. Wir können sicherstellen, dass an den zahlreichen in Genf stattfindenden Friedensverhandlungen mehr Frauen teilnehmen und sich für die Friedensbemühungen einsetzen.

Im Rahmen der neuen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zeigten die Regierungen grosse Bereitschaft, die Gleichstellung von Frauen und Männern bis 2030 zu erreichen. Wenn die Veränderungen im gleichen Tempo wie heute fortschreiten, können wir aber bereits jetzt voraussagen, dass wir die Frist nicht einhalten können. Es braucht ein verstärktes Engagement aller Akteure, um das Ziel zu erreichen.

Wird die Präsenz von UN Women in Genf auch zur Stärkung der Geschlechtergleichstellung im Feld beitragen?

Natürlich. Die breit gefächerte Arbeit von UN Women, die von der Ausarbeitung eines rechtlichen Rahmens, über die Koordination mit der UNO bis hin zu Aktivitäten im Feld reicht, ermöglicht es uns, diese verschiedenen Tätigkeitsbereiche enger zu verknüpfen. Eine stärkere Zusammenarbeit mit den Schlüsselakteuren in Genf könnte dazu beitragen, dass Letztere Frauen und Mädchen stärker einbeziehen in den Ländern, in denen sie tätig sind. Die normative Arbeit, die in Genf geleistet wird, kann noch direkter in unsere operationellen Aktivitäten einfliessen. Und unsere Kenntnisse über die Lage von Frauen und Mädchen in unterschiedlichen Ländern und Regionen können ihrerseits die Entwicklung von Normen beeinflussen.

Der Erfolg von UN Women lässt sich am Ende an den Veränderungen der Situation der Frauen weltweit messen, die durch unsere Tätigkeit angestossen wurden. Die Aufgabe des Verbindungsbüros in Genf besteht darin, die Umsetzung dieses Ziels zu überprüfen.

Wird UN Women seine Aktivitäten auf neue Tätigkeitsfelder ausdehnen?

UN Women ist eine kleine Organisation mit einem sehr grossen Auftrag. Wir müssen mit den anderen Organisationen zusammenarbeiten, um unsere Ziele zu erreichen. Die Präsenz in Genf wird uns bestimmt helfen, unser Tätigkeitsfeld auszubauen und zu vertiefen. Aber wir müssen uns gezwungenermassen auf einige spezifische Punkte konzentrieren. Das Büro wird anfänglich nur über zwei oder drei Angestellte verfügen, die gestützt auf das Fachwissen und Knowhow von UN Women Prioritäten setzen und strategische Entscheide fällen müssen.

Welche Themen wird das Genfer Büro prioritär behandeln?

Zu unseren Schwerpunkten zählen neben der Einflussnahme auf die zwischenstaatlichen Prozesse in Genf die Stärkung der Koordination und der Verantwortung der UNO im Bereich der Geschlechtergleichstellung und die Erhöhung der Anzahl Partner, die sich für diese Thematik einsetzen. Wir stützen uns auf bereits bestehende Initiativen wie beispielsweise das Leadership Network «Geneva Gender Champions», das von der amerikanischen Botschafterin und vom Generaldirektor des Büros der Vereinten Nationen in Genf lanciert wurde.

Was hat UN Women in Genf sonst noch vor?

Wir wollen unsere Präsenz in Genf nutzen, um unsere Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu stärken, namentlich im Hinblick auf die Ratifikation des Übereinkommens Nr. 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte. Wir sind auch an einer engeren Zusammenarbeit mit der Interparlamentarischen Union interessiert, weil wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier motivieren möchten, sich für die Aufhebung von diskriminierenden Gesetzesbestimmungen einzusetzen. Zu den Hauptzielen des Büros in Genf gehören die Unterstützung bei der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sowie der  Aktionsplattform von Beijing und natürlich die Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung bis 2030.

Wie beurteilen Sie das Engagement der Schweiz für die Gleichstellung der Geschlechter und die Ermächtigung von Frauen weltweit?

Die Schweiz engagiert sich auf internationaler Ebene entschlossen für die Geschlechtergleichstellung und die Selbstbestimmung der Frauen. Sie hat sich zusammen mit anderen Ländern dafür stark gemacht, dass die Geschlechtergleichstellung in die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung aufgenommen wurde. Sie setzt sich aber auch systematisch für die Integration der Genderperspektive in die anderen zwischenstaatlichen Prozesse ein.

UN Women ist dank der grossen Unterstützung der Schweiz gewachsen und kann sich heute für Millionen von Frauen und Kindern auf der ganzen Welt einsetzen. Die Schweiz hat ihren Beitrag an UN Women deutlich erhöht und gehört heute zu den wichtigsten Geldgebern. Dadurch beweist sie, dass es eine Organisation braucht, die sich ausschliesslich der Förderung der Geschlechtergleichstellung und der Selbstbestimmung der Frauen widmet.

Letzte Aktualisierung 13.01.2023

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