«Bildung ist grundlegend für ein selbstbestimmtes Leben»
Ursula Renold ist Professorin für Bildungssysteme an der ETH Zürich und wird am 15. Februar am International Cooperation Forum in Genf teilnehmen. Im Gespräch erklärt sie, wieso sie sich für Bildung einsetzt und was es braucht, um Bildungssysteme in verschiedenen kulturellen Kontexten effizient zu reformieren.
E-Learning-Tools und -Plattformen können Lernenden in ländlichen oder entlegenen Gebieten Zugang zu Bildungsmaterialien und Online-Lehrern ermöglichen. © SECO
«Education For Future: find solutions to make education sustainable and fit for future» ist das Motto der IC-Forum Switzerland. Warum engagieren Sie sich persönlich in diesem Bereich?
Bildung ist grundlegend für ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben. Sie ermöglicht es Menschen, ihre Potenziale und Fähigkeiten zu entwickeln und ihre Lebensumstände und die Gesellschaft, in der sie leben, besser zu verstehen und zu beeinflussen. Bildung ist die Voraussetzung um die individuelle Karriere entwickeln zu können. Dazu gehört unter anderem das Entwickeln von kritischem Denken, lernen und arbeiten in Teams und in neuen, unbekannten Situationen sowie die Förderung von Kreativität, um Probleme lösen zu können. Gerade die Förderung dieser Softskills, in einer durch digitale Transformation geprägten Welt, trägt wesentlich zur nachhaltigen Bildung bei, denn wer diese einmal erworben kann, kann sie in jedem Beruf oder Lebenssituation anwenden.
Warum ist es wichtig, in die Forschung im Bereich Bildungssysteme zu investieren? Können Sie eine Initiative bzw. ein Projekt der ETH im Bildungsbereich erwähnen?
Es ist wichtig, dass Bildungssysteme in der Lage sind, sich an die raschen, durch die digitale Transformation bedingten Veränderungen anzupassen. Als Beispiel kann ich die aus unserem Reformlabor CEMETS (www.cemets.ethz.ch) entstanden translationalen Forschungsprojekte erwähnen. Da sind Projekte, die in enger Zusammenarbeit mit Fachleuten aus der Praxis entwickelt werden. Wir befassen uns mit der Wirksamkeit von Bildungssystemen und unterstützen Länder dabei, Reformen evidenz-basiert zu initiieren und gleichzeitig den Implementationsfortschritt zu messen. Somit können wir im jeweiligen kulturellen Kontext prüfen, was funktioniert und wo Anpassungen notwendig sind. Zu unseren mehrjährigen Reformpartnern gehören Nepal, Benin, Costa Rica, Serbien, Uzbekistan oder einzelne Staaten in den USA.
Welche Möglichkeiten bieten neue Technologien um, insbesondere in schwierigen Kontexten, eine nachhaltige und zukunftsfähige Bildung zu ermöglichen?
E-Learning-Tools und -Plattformen können Lernenden in ländlichen oder entlegenen Gebieten Zugang zu Bildungsmaterialien und Online-Lehrern ermöglichen. Sie ermöglichen es Lernenden, flexibel und selbstbestimmt zu lernen und ihr eigenes Tempo zu wählen, was insbesondere für Lernende mit besonderen Bedürfnissen von Vorteil sein kann. Neue Technologien ermöglichen es, digitale Inhalte (z.B. Texte, Videos, Audios) schnell und kostengünstig zu produzieren und zu verteilen. Sie sind möglicherweise schneller verfügbar als über die Schulung oder Umschulung von Lehrpersonen. Datenanalyse-Tools können zudem verwendet werden, um die Leistung von Lernenden zu messen und den Lehrpersonen Informationen bereitzustellen, um den Unterricht kontinuierlich zu verbessern. Allerdings ist der Mensch ein soziales Wesen und das hat sich in der Pandemie ganz besonders gezeigt. Es gilt also die neuen Technologien in einem Hybrid-Ansatz zu integrieren, so dass die persönliche soziale Interaktion erhalten bleibt und auch informelle Begegnungen möglich sind.
International Cooperation Forum Switzerland, 15.-16. Februar 2023, Genf
Unter dem Titel «Education for Future» widmet sich das International Cooperation Forum Switzerland (IC Forum) 2023 dem Thema Bildung und bringt eine Vielfalt an Perspektiven zusammen. Vertreterinnen und Vertreter der Politik, der Forschung, dem Privat- und Finanzsektor, von NGO und der Jugend entwickeln gemeinsam Lösungen für globale Herausforderungen. Die hybride Veranstaltungsform sowie die interaktive Online-Plattform ermöglicht es allen Interessierten weltweit, aktiv an Diskussionen teilzunehmen. Im Rahmen der «Youth for Solutions» stehen am zweiten Tag insbesondere junge Menschen mit ihren Ansätzen im Fokus.