Satellitentechnologie schützt Kleinbauern vor Ernteausfällen

Artikel, 25.08.2017

Nach einer Dürre erhielten 203‘000 Kleinbäuerinnen und -bauern im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu im Juli 2017 Kompensationszahlungen vom nationalen Ernteversicherungsprogramm. Die Schäden wurden mittels Satellitenmesstechnologie schnell und genau bestimmt. Dadurch bekamen die Betroffenen rasch Ersatz für ihre ausgebliebene Reisernte. Diesem Erfolg liegt ein besonderes Projekt zu Grunde: RIICE.

Arbeit in den Reisfeldern in Indien.
Arbeit in den Reisfeldern in Indien. © IRRI

Was verbindet die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) mit der Schweizer Satellitendatenverarbeitungsfirma sarmap, dem Internationalen Reisforschungsinstitut (International Rice Research Institute, IRRI), asiatischen Regierungsorganisationen und der SwissRe Rückversicherung? Sie alle sind, mit weiteren Partnern, Teil des innovativen Projekts RIICE («Remote Sensing-Based Information and Insurance for Crops in Emerging Economies»), das mittels modernster Technologie die Informationssysteme über den Reisanbau in Kambodscha, Indien, Thailand, den Philippinen und Vietnam revolutionieren will. Die DEZA engagiert sich bei diesem Projekt, da Ernährungssicherheit zu ihren Schwerpunkten gehört und weil es durch sein langfristiges Vorgehen zukunftsweisend ist.

Eine zukunftsweisende Versicherung gegen Ernteausfälle bei Reis

Über 3,5 Milliarden Menschen, also knapp die Hälfte der Weltbevölkerung, isst täglich Reis. 90% wird in Asien angebaut. Die Produktion dieses bedeutenden Grundnahrungsmittels ist somit die Lebensgrundlage für Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern in ganz Asien. Der Anbau ist jedoch mit Risiken verbunden: So können Überschwemmungen, Dürren oder andere Naturkatastrophen zu verheerenden Ernteausfällen führen, die den finanziellen Ruin Hunderttausender Kleinbäuerinnen und -bauern bedeuten würden. Solche Katastrophen ziehen kostspielige Operationen von humanitären Organisationen nach sich, welche die betroffenen Menschen häufig erst sehr spät erreichen. Um unmittelbarer Unterstützung anbieten zu können, ist die DEZA Hauptgeldgeber des Projekts RIICE, das Kleinbäuerinnen und -bauern im Reisanbau effizientere Ernteversicherungen anbietet. Damit erhalten Betroffene im Schadensfall schnell einen finanziellen Ausgleich.

Vermessung und Beobachtung von Reisfeldern auch für Ernteprognosen

Modernste Satelliten- und Sensortechnologie machen es möglich, dass in Entwicklungsländern bessere Ernteversicherungen angeboten werden können. Radarwellen von Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation (European Space Agency, ESA) vermessen die Erdoberfläche in den Reisanbaugebieten Südostasiens. Diese Radarwellen scannen Objekte und Oberflächen, woraufhin ein Sensor die vom Ziel reflektierte Strahlung identifiziert und misst. Der grosse Vorteil einer solchen auf Wellen basierten Messung ist, dass sie – im Gegensatz zu einer optischen Satellitenmessmethode – wetterunabhängig funktioniert. Somit lassen sich die Reisanbaugebiete nicht nur vermessen, sondern auch über einen längeren Zeitraum beobachten. Das erleichtert wiederum Schätzungen für zukünftige Ernten und den Aufbau einer Versicherung.

Vom Hilfeempfänger zum Kunden dank der Ernteversicherung

Die «Agricultural Insurance Company of India» und die Schweizer Rückversicherungsgesellschaft SwissRe bieten diese Ernteversicherung gestützt auf die Satellitendaten an. Die Versicherung hat, neben der schnellen Zahlung im Schadensfall, einen weiteren wichtigen Vorteil: Im Versicherungssystem sind die Kleinbauern und -bäuerinnen keine Hilfeempfänger, sondern reguläre Kunden der Versicherung. Dies steigert auch das Selbstwertgefühl der betroffenen Menschen. Die Bäuerinnen und Bauern haben die Möglichkeit, ihre Versicherungsprämien wöchentlich, monatlich oder jährlich einzubezahlen, entsprechend ihren finanziellen Möglichkeiten und Präferenzen.

Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel für eine sogenannte öffentlich-private Partnerschaft (Public Private Partnership, PPP, siehe Kasten unten). Es zeigt, wie das Zusammenspiel von Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit, nationalen Regierungen und dem Privatsektor eine grundlegende Verbesserung für Hunderttausende Menschen sein kann. Die DEZA unterstützt diese Ernteausfallversicherungen in Asien, weil sie einen innovativen und ganzheitlichen Ansatz verfolgen und auf einer grossen Skala realisiert werden können. Zudem helfen die generierten Daten auch, die Reisernte in Zukunft zu optimieren. Dies ist in Anbetracht des Klimawandels ein wichtiger Schritt, um auch zukünftig die Ernährungssicherheit in diesen Regionen zu gewährleisten.

Die DEZA unterstützt dieses Projekt nicht nur finanziell, sondern ist auch aktiv an der nationalen Umsetzung beteiligt. Sie pflegt wichtige Kontakte auf institutioneller und politischer Ebene, da sie mit den entsprechenden Ministerien in diesen reisproduzierenden Ländern im Austausch steht. Zudem stellt sie sicher, dass die Interessen der Kleinbäuerinnen und -bauern und Armen an erster Stelle kommen.

Interview mit Bernard Zaugg, Programmbeauftragter der DEZA im Globalprogramm Ernährungssicherheit

Portraitfoto von Bernard Zaugg.
Bernard Zaugg ist Programmbeauftragter bei der DEZA und zuständig für das Projekt RIICE. © DEZA

Was kann die DEZA ihren Partnern im Projekt RIICE bieten?

Die DEZA spielt in drei Bereichen eine wichtige Rolle. Erstens finanziert sie einen Grossteil der Projektkosten und ergänzt so die Beiträge der anderen Partner, namentlich jene des Privatsektors. Dank diesem Finanzbeitrag ist die Bereitschaft des Privatsektors höher, innovationsbedingte Risiken einzugehen. Zudem können die Endkosten der für den Markt bestimmten Produkte gesenkt werden.

Public Private Partnership (PPP)

Öffentlich-private Partnerschaften (Public Private Partnerships, PPP) sind eine Verbindung des öffentlichen Sektors mit dem privaten. Die DEZA geht eine solche Partnerschaft ein, wenn sie zu einer Verbesserung der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Bedingungen in Entwicklungsländern führt. Diese Partnerschaften bieten verschiedene Vorteile. So ermöglichen sie einen konstruktiven Wissensaustausch, die Anzahl beteiligter Akteure steigt, neue Netzwerke können erschlossen werden und die Reichweite der Projekte wird ausgedehnt. Zudem verteilen sich die finanziellen, technischen und operationellen Risiken der Projekte auf die verschiedenen Partner.