09.12.2014

Podiumsdiskussion anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte

Politforum Käfigturm, Bern

Rednerin/Redner: Manuel Sager

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Sehr geehrte Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer

Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Es ist mir eine Ehre und Freude, anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte hier im Politforum Käfigturm diese Podiumsdiskussion zu eröffnen.

«Prolog»

Weltweit leben drei Viertel der 800 Millionen chronisch unterernährten Personen auf dem Land. Für sie ist der Zugang zu Land schlicht Existenzgrundlage – gleichbedeutend mit Zugang zu Nahrung, Einkommen und Unterkunft. Land ist aber auch verbunden mit Identität. Wer das eine verliert, verliert auch das andere. Das gilt insbesondere für ethnische Minderheiten und indigene Völker. Mancherorts wiederum ist der Besitz von Land Voraussetzung für Bürgerrechte.

Zugang zu Land – das Thema des heutigen Abends – ist sowohl in menschenrechtlicher, als auch in entwicklungspolitischer Hinsicht von grosser Bedeutung. Warum?

Menschen ohne Zugang zu Land sind in Entwicklungsländern oft auch in ihren Menschenrechten beeinträchtigt und häufiger von Armut betroffen. Rechtlich, politisch und wirtschaftlich benachteiligte Bevölkerungsgruppen zeichnen sich meist auch dadurch aus, dass es ihnen schwer fällt, Zugang zu Land zu erwerben und zu sichern. Auch nimmt der Druck auf die begrenzte Ressource Land immer mehr zu. Die Gründe dafür sind vielfältig: Klimawandel, Umweltverschmutzung, Bevölkerungszunahme, das Wachstum der Städte, veränderte Essgewohnheiten, die Nachfrage nach Bio-Treibstoff und zunehmendes Interesse an landwirtschaftlichen Investitionen.

Allein in den letzten zehn Jahren hat Land im Umfang von fünfzig Mal der Grösse der Schweiz durch grossflächige Übernahmen den Besitz gewechselt. Solche Investitionen, und speziell grossflächige Landübernahmen, bergen wirtschaftliche, soziale, und ökologische Risiken. So können sie die Handlungsfähigkeit von Staaten einschränken, die eigentlich sicherstellen möchten, dass sich die lokale Bevölkerung selbst ernähren kann. Dies kommt vor allem dann vor, wenn Landübernahmen dazu führen, dass Lebensmittel vorwiegend für den Export produziert werden.

Auch können Landübernahmen Enteignungen von Bauern nach sich ziehen, die keine formellen Nutzungsrechte für ihr Land besitzen, obwohl sie es vielleicht seit Jahrzehnten bewirtschaften; oder sie können den Zugang zu natürlichen Ressourcen für indigene Gruppen oder Viehhalter einschränken. Solche Entwicklungen werden von Studien belegt.

Frauen sind besonders gefährdet, ihre Land-Nutzungsrechte zu verlieren. Denn ihre Namen sind oft nicht auf den offiziellen Nutzungspapieren festgehalten. Das hat zur Folge, dass sie mit ihren Kindern bei Scheidung, Trennung oder Tod des Ehemannes ihr eigenes Land verlassen müssen. Diskriminierende Gesetze oder Bräuche, Besitzansprüche von mächtigeren Familienmitgliedern, oder schlecht konzipierte administrative Verfahren können alle dazu beitragen, dass Frauen ihren Zugang zu Land verlieren. Solche Situationen verstärken unnötig Hunger und Unterernährung. Und sie zeigen, dass die fehlende Einhaltung der Menschenrechte, in diesem Fall der Rechte der Frauen, die Entwicklung negativ beeinträchtigt.

Was können wir tun, um den Zugang zu Land besser zu sichern?

Als positives Signal darf gesehen werden, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Land für die Entwicklung in den letzten zehn Jahren stark gewachsen ist. Die internationale Gemeinschaft strebt in der globalen Entwicklungsagenda der UNO an, notwendige Verbesserungen zum Landzugang festzulegen und konkrete Massnahmen zu fördern. Die Schweiz unterstützt diese Bestrebungen.

Sie zeigen auch bereits Erfolge: zum Beispiel die vor zwei Jahren vom UNO-Welternährungsausschuss verabschiedeten „Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Regelung von Boden- und Landnutzungsrechten“. Sie haben zum Ziel, den Zugang zu Land, Fischereien, und Wäldern zu verbessern, und die Rechte von Millionen von Menschen, vor allem auch von sehr armen Bevölkerungsgruppen, zu schützen.

Zusätzlich hat der Welternährungsausschuss diesen Oktober die „Grundsätze für verantwortungsvolle Investitionen in die Land- und Ernährungswirtschaft“ verabschiedet. Diese Grundsätze sind unter Mitwirkung von Regierungen, Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft, und der Forschung erarbeitet worden. Sie legen dar, wie landwirtschaftliche Investitionen auf verantwortungsvolle Art und Weise getätigt werden können.

Natürlich haben Grundsätze und Leitlinien nur dann eine Wirkung, wenn sie auch tatsächlich gelebt werden. Deshalb engagiert sich die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA mit allen Akteuren – mit der betroffenen Landbevölkerung, den Regierungen, und der Privatwirtschaft - für die Umsetzung der Leitlinien in die Praxis.

Auf nationaler und lokaler Ebene gibt es bereits zahlreiche Beispiele für konkrete Verbesserungen. In Kolumbien zum Beispiel unterstützt die DEZA die Regierung im Prozess der Rückgabe von Land, welches während des internen Konfliktes gewaltsam enteignet wurde. Diese Zusammenarbeit hat dazu geführt, dass der Staat seine Pflichten gegenüber der Bevölkerung besser wahrnehmen kann. Bis 2021 sollen bis zu drei Millionen Menschen, die während des bewaffneten Konfliktes vertrieben worden waren, auf ihr Land zurückkehren können. Durch geeignete Massnahmen soll dabei verhindert werden, dass durch diesen Rückkehrprozess neue Konflikte entstehen.

Wir werden in der Podiumsdiskussion weitere Beispiele hören.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Kampf gegen die Armut, die Unterernährung und den Hunger bedarf weiterer Investitionen in die Landwirtschaft von Entwicklungsländern. Entscheidend ist dabei aber, dass diese Investitionen auch benachteiligten Bevölkerungsgruppen zugute kommen, insbesondere Frauen und ethnischen Minderheiten.

Dass Landübernahmen nicht nur ländliche Bevölkerungen betreffen, sondern auch Menschen in Städten, zeigen die Bilder hier im Raum von Anna Katharina Scheidegger, die heute Abend ebenfalls unter uns ist. Die Fotos dokumentieren den Ablauf einer städtischen Landenteignung in Phnom Penh und deren Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung. Die Fotos erinnern uns daran, dass es bei solchen Diskussionen letztlich immer um Einzelschicksale geht und um den Anspruch eines Jeden auf Schutz seiner Menschenwürde und seiner wirtschaftlichen Existenz.

Ich danke Ihnen allen herzlich, dass Sie mit Ihrer Teilnahme heute Abend Ihrem Interesse am Zusammenhang von Land, Menschenrechten und Entwicklung Ausdruck geben. Ich freue mich auf die Beiträge der Podiumsteilnehmenden und wünsche Ihnen allen eine interessante Diskussion.


Letzte Aktualisierung 29.01.2022

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