Stärkung der nationalen Gesundheitssysteme: Eine Priorität der DEZA

Artikel, 14.03.2014

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) verwendet 10 % ihres Budgets für die Förderung und Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Welt. Dies erlaubt es der Schweiz gemäss Debora Kern, Beraterin für Sektorpolitik Gesundheit bei der DEZA, die zentrale Rolle der Staaten bei der Gesundheitsversorgung in Erinnerung zu rufen.

Die Frist für die Millenniumsentwicklungsziele (MDG) läuft 2015 ab. Welche Bilanz zieht die DEZA in Bezug auf ihr Engagement zur Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung für die am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen?
Einerseits ist es erfreulich, dass die drei Ziele im Gesundheitsbereich – Senkung der Kindersterblichkeit, Verbesserung der Müttergesundheit und Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und anderen übertragbaren Krankheiten – im Rahmen der MDG auf die internationale Agenda gesetzt wurden. So konnten riesige Summen zur Verbesserung der Gesundheit benachteiligter Bevölkerungsgruppen bereitgestellt werden. Andererseits hat dieses viele Geld zu einer problematischen Verzerrung bei den Entwicklungsansätzen geführt. Die sogenannten vertikalen Fonds, die für einzelne Krankheiten wie HIV/Aids oder Malaria bestimmt sind, überhäuften die Länder des Südens mit Medikamenten und Material, wobei sie die bestehenden Gesundheitsstrukturen manchmal zu stark in Anspruch nahmen. Das war nicht immer gut für die medizinische Grundversorgung in den Empfängerländern.

Weshalb nicht?
Sie müssen sich vorstellen, dass ein grosser Teil des Gesundheitspersonals mit der Umsetzung von Programmen beschäftigt ist, die ohne Rücksprache mit dem jeweiligen Land konzipiert wurden und mit hohen Beträgen ausgestattet sind. Gibt es da noch genügend und ausreichend ausgebildete Ärzte und Krankenschwestern, die einfache Fälle wie Durchfall- und Atemwegserkrankungen behandeln können? Durchfall- und Atemwegserkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren.

Was kann die DEZA tun, um eine Praxisänderung zu bewirken?
Ich würde sagen, unsere Stärke besteht darin, dass wir klein sind und dass wir uns alle oder fast alle kennen. Das heisst, dass die Informationen, die wir im Feld, in unseren Einsatzländern, sammeln, sehr einfach bis nach Bern weitergeleitet werden können. Und wir verwenden diese Informationen anschliessend, um die multilateralen Geber und die internationalen Organisationen darauf aufmerksam zu machen, dass es wichtig ist, die in den Ländern bereits vorhandenen Einrichtungen einzubeziehen. Zwei Beispiele: In Tansania hat die DEZA eine nationale Koordinationsstelle zur Malariabekämpfung lange mit finanzieller und technischer Hilfe unterstützt. Nachdem sich die Stelle etabliert hatte, informierte sie alle Geldgeber, dass die zur Malariaprävention und behandlung bestimmten Mittel künftig über sie laufen müssen. Auf diese Weise können die verschiedenen Hilfsmassnahmen koordiniert und national beschlossen werden. Zweites Beispiel: Die intensive Lobbyarbeit für nationale Gesundheitssysteme, die wir gemeinsam mit anderen Ländern im Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria geleistet haben, hat sich ausgezahlt. Der Fond achtet nun bei der Ausschreibung von Projekten darauf, dass sie spezifisch auf die Stärkung der nationalen Gesundheitssysteme ausgerichtet sind. Das ist aus unserer Sicht ein echter Mentalitätswandel.

Nach den Millenniumsentwicklungszielen wird nun eine «Post-2015-Agenda» ausgehandelt. Ist das für die DEZA eine weitere Gelegenheit, ihre Argumente einzubringen?
Ja, klar. Im Gesundheitsbereich werden gegenwärtig zwei Aktionspläne für die Zeit nach 2015 diskutiert. Ein erster Aktionsplan beschränkt sich auf den Gesundheitsbereich und hat die Einführung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung zum Ziel. Dies ist wichtiges Ziel und wir unterstützen dies als Indikator für den Gesundheitsbereich. Wir möchten aber lieber den zweiten Ansatz in der neuen Zielsetzung verankern, der stärker auf den multisektoriellen Charakter der Gesundheitsproblematik ausgerichtet ist. Das bedeutet konkret, dass soziale und erzieherische Faktoren oder auch beispielsweise die Hygiene besser einbezogen werden müssen. Unser übergeordnetes Ziel heisst darum: die Maximierung von Gesundheit für alle in allen Lebensphasen.