Mehr Rechte und Schutz für Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten in Südasien und im Nahen Osten

Artikel, 16.10.2013

Seit den 1980er-Jahren ziehen Menschen aus Südasien auf der Suche nach Arbeit und einer besseren Lebensgrundlage verstärkt in Länder des Nahen Ostens oder in wirtschaftlich prosperierende asiatische Länder wie Malaysia, Singapur, Hong Kong, Südkorea, Japan oder Indien. Meistens fehlen in den Zielländern verbindliche und gerechte Richtlinien für Migrantinnen und Migranten. Die DEZA setzt sich mit Projekten für Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten ein: in Bangladesch, Sri Lanka und Nepal. Die Erfahrungen und Resultate sollen nun auch im Nahen Osten zum Tragen kommen.

Die DEZA unterstützt Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter aus Südasien bei ihrer Suche nach Arbeit – zum Beispiel mit Informationsveranstaltungen wie hier im Bezirk Tarai, im Distrikt Sarlahi in Nepal.

Migration ist für Menschen aus Ländern mit einer schwachen Wirtschaft ein Mittel, um der Armut zu entkommen. Wanderarbeiterinnen und –arbeiter senden grosse Anteile ihres Lohnes nach Hause an ihre Familien. In Sri Lanka generieren diese Geldüberweisungen den grössten Anteil an Fremdwährungen. In Bangladesch bestehen 11 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus Geldüberweisungen aus dem Ausland, in Nepal sind es 23 Prozent.

Während die Arbeitsmärkte von der günstigen Arbeitskraft der Migrantinnen und Migranten profitieren, sind minder qualifizierte Personen, und dabei besonders Frauen, mit schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen konfrontiert. Es gibt wenig für sie verfügbare Stellen, sie werden häufig ausgenutzt und arbeiten unter prekären rechtlichen Bedingungen. Finanzielle Engpässe und familiäre Verpflichtungen zwingen die Arbeitsmigrantinnen und -migranten oft, solche Arbeits- und Lebensbedingungen anzunehmen.

Katar in der Kritik
Momentan zieht es viele Arbeitsmigrantinnen und –migranten nach Katar. Das Angebot an temporären Stellen ist dort im Moment sehr gross. 2022 wird in Katar das erste globale Fussballereignis auf arabischem Boden stattfinden. Dazu wird vor der Hauptstadt Doha die Metropole «Lusail City» mit einer Arena für 90‘000 Zuschauerinnen und Zuschauer gebaut – tausende Arbeiter aus Indien, Pakistan, Sri Lanka und Nepal finden auf Grossbaustellen eine Beschäftigung. Kehrseite des Baubooms ist die prekäre Lage der Arbeitnehmerinnen und -nehmern, die gegenwärtig von den Medien thematisiert und kritisiert wird. Die Frauen arbeiten meist als Hausangestellte, die Männer auf Grossbaustellen, in der Gastronomie oder als Taxifahrer. Die Gastarbeiterinnen und –arbeiter werden nur minimal entlöhnt. Auch bei den Sicherheitsmassnahmen wird gespart. In letzter Zeit haben sich die Todesfälle auf Baustellen wegen mangelnder Sicherheits- und Gesundheitsmassnahmen gehäuft.

Erfahrungen in Südasien im Nahen Osten anwenden
Arbeitsmigration ist auch für die DEZA ein wichtiges Thema. Seit 2010 unterstützt sie in Sri Lanka (Globale Zusammenarbeit «Global Programme for Migration and Development», GPMD), Bangladesch und Nepal (Bereich Südzusammenarbeit) Projekte im Zusammenhang mit Migration. Dabei arbeitet sie auf drei Ebenen: für eine Verbesserung der rechtlichen Lage der Migrantinnen und –migranten (advocacy), für eine Stärkung der Zivilgesellschaft in den Herkunftsländern, damit diese ihre Anliegen auf nationaler, regionaler und globaler Ebene äussern kann, sowie für die Integration des Themas Migration in die lokalen Programme. In Nepal führt die DEZA gegenwärtig Trainings zur Stärkung der Zivilgesellschaft durch.

Gleichzeitig soll eine verbesserte Zusammenarbeit erfolgen zwischen den Ländern, aus denen die Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter stammen und die sich bereits jetzt auf ministerieller Ebene im«Colombo Process» und im «Abu Dhabi Dialogue» austauschen.

Unterstützung auf verschiedenen Ebenen
Im Vordergrund der von der DEZA unterstützten Projekte steht einerseits die Stärkung (Empowerment) der Migrantinnen und Migranten, so dass diese sich besser schützen können und anderseits die Unterstützung der Regierungen für eine transparentere und effizientere Organisation der Migration. Folgende Aktivitäten für Migrantinnen und Migranten sind besonders wichtig:

  • Informationen über den korrekten Migrationsprozess und die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Zielland
  • Ausbildung, damit sie an sicherere und besser bezahlte Arbeitsplätze im Zielland vermittelt werden können
  • Zugang zu rechtlicher Hilfe, falls ihre Rechte von Vermittlungsagenturen oder Arbeitgebern verletzt werden
  • Psychosoziale Unterstützung, auch für die Familien im Herkunftsland
  • Erhöhte Rechenschaftspflicht und Verantwortung der Vermittlungsagenturen
  • Unterstützung der zurückkehrenden Wanderarbeiterinnen- und arbeiter bei der Re-Integration in ihr Heimatland
  • Unterstützung der Regierung beim Aufbau effizienter und effektiver Mechanismen zum Management des Migrationsflusses
  • Politikdialog mit den Sende- sowie Empfänger Regierungen mit dem Ziel die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Erste Ansätze im Nahen Osten
Die Schweiz hat im Bereich Arbeitsmigration im Nahen Osten erste Kontakte geknüpft. Es bestehen Vorschläge für eine Zusammenarbeit in Jordanien, in Jemen und im Libanon. Im Zusammenhang mit dem «Global Forum on Migration and Development» wurde die Schweiz vom Arbeitsminister der Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen, als Co-Organisatorin einen Workshop zu missbräuchlichen Rekrutierungsprozessen von Arbeitsagenturen durchzuführen. Zudem steht die UNO-Organisation «International Labour Organization» (ILO) in engem Kontakt mit der DEZA und realisiert erste Programme auf Behördenebene zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter im Nahen Osten.

Das DEZA-Engagement im Bereich Arbeitsmigration in Asien und im Nahen Osten erfolgt aus verschiedenen Gründen:

  • Migration ist eine wichtige Strategie der Armutsreduktion in Südasien
  • Die Migrationsbewegungen aus Bangladesch, Nepal und Sri Lanka in die Nachbarländer wie Indien, aber auch in die Golfstaaten haben zugenommen und sind wirtschaftlich bedeutend. Da die Arbeitsbedingungen für die Stellensuchenden jedoch sehr schlecht sind, hat die DEZA die Migrationsproblematik in ihre Länderstrategien integriert.
  • Die Schweiz geniesst im Nahen Osten den Ruf einer seriösen Vermittlerin ohne Eigeninteressen. Dadurch kann sie eine starke Position in der internationalen Debatte um Gesetzesgrundlagen und Richtlinien für Migrantinnen und Migranten einnehmen.
  • Das Interesse der Schweiz, sich für verbesserte Bedingungen für Wanderarbeiterinnen- und arbeiter einzusetzen hat Zukunftspotential: Zahlreiche Migrantinnen und Migranten in der Schweiz stammen aus dem Nahen Osten. Bessere Richtlinien in diesen Ländern und bessere Beziehungen erleichtern die Zusammenarbeit.

Hintergrundinformationen

Rund drei Prozent der Weltbevölkerung, über 200 Millionen Menschen, sind internationale Migrantinnen und Migranten. 2010 gaben etwa 90 Prozent davon an, dass die Arbeit der Grund des Wegzugs war. Gegen 9 Millionen Migrantinnen und Migranten im Nahen Osten stammen aus Süd- oder Südostasien.

Weiterführende Informationen und Dokumente