Wasser – gemeinsame Verantwortung, gemeinsame Lösungen

Artikel, 12.03.2018

Technische und politische Lösungen für einen nachhaltigen Umgang mit Wasser sind dringender denn je. Wasser ist zu einem Schlüsselelement geworden, nicht nur für die Bekämpfung der Armut, sondern auch für den Frieden und die politische Stabilität. Als Akteur mit langjähriger Expertise und Erfahrung im Umgang mit Wasser nimmt die Schweiz darum am grössten internationalen Treffen zum Thema Wasser in Brasilia teil und präsentiert Lösungsansätze.

Mädchen laufen in Peru über eine Brücke.
Brücken schlagen – Die Schweiz setzt sich für vermehrte Kooperation im Wassersektor über Ländergrenzen und Generationen hinweg ein. © DEZA

«Day Zero», der Tag, an dem für die 4 Millionen Einwohner Kapstadts kein Wasser mehr aus der Leitung kommt, steht kurz bevor. In anderen Städten der Welt bahnt sich ähnliches an. Schätzungen zufolge fehlt es schon heute weltweit 2.1 Milliarden Menschen an Zugang zu sauberem Trinkwasser und 4.5 Milliarden Menschen Zugang zu funktionierenden sanitären Einrichtungen. Es besteht Handlungsbedarf. Getreu dem Motto «Sharing Water - Wasser teilen» des diesjährigen Weltwasserforums in Brasilia teilt die Schweiz ihre langjährige Erfahrung und ihre praktische Resultate der Entwicklungszusammenarbeit.  

Praktisch umsetzen

Fliessendes Wasser und adäquate sanitäre Anlagen sind trotz verschiedener praktikabler Lösungen in vielen Regionen noch immer keine Selbstverständlichkeit. Dies hat auch Reynaldo Quispitupa in Siusa, einer ländlichen Gemeinde im Südosten Perus, miterlebt. Die Bevölkerung in seiner Gemeinde hatte keine Toiletten und litt unter der mangelhaften Qualität des Trinkwassers.

Dank des SABA-Programms (Saneamiento Basico – Comprehensive Basic Sanitation), das von der DEZA vor 20 Jahren in Peru initiiert wurde, hat die gesamte Bevölkerung von Siusa heute Zugang zu sanitären Anlagen. Denn SABA fokussiert auf den Aufbau von Wasserinfrastruktur inklusive das Bauen von Toiletten und bindet dabei alle Beteiligen ein. Der Infrastrukturaufbau geht einher mit Schulungen der lokalen Gemeindeverwaltungen und identifiziert mit der Bevölkerung zusammen, welche Dienstleistungen gewährleistet sein müssen, damit die Infrastruktur instandgehalten werden kann. Das geschulte Personal vor Ort überwacht etwa die Wasserfassung, dosiert die Chlorzugaben in den Reservoirs und wartet die Leitun­gen.

Mit Projekten wie SABA, das auch den Dialog auf politischer Ebene und den Wissensaustausch mit Nachbarländern von Peru beinhaltet, setzt sich das Globalprogramm Wasser der DEZA für die Beschleunigung der Umsetzung der Menschenrechte auf sauberes Trinkwasser und eine ausreichende sanitäre Grundversorgung ein. Dieses seit 2010 anerkannte Menschenrecht ist von entscheidender Bedeutung für die Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse und essentiell für die Verwirklichung der 2015 verabschiedeten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Inzwischen ist SABA auf das ganze Land ausgedehnt. Auch im Nachbarland Kolumbien wurden die Ansätze vom Projekt übernommen.

Am Weltwasserforum stellt die Schweiz dieses DEZA-Programm vor. Erfolgsfaktoren und Herausforderungen werden diskutiert, wie der gleiche integrierte Ansatz in weiteren Ländern angewendet werden kann, um Zugang zu Wasser und Sanitäranlagen in ländlichen Gebieten zu schaffen.

Interview mit Michel Mordasini, Sondergesandter Wasser für Zentralasien

Porträt von Michel Mordasini.
Michel Mordasini, Sondergesandter Wasser für Zentralasien. © DEZA

Wasser ist eine kostbare Ressource, die nachhaltig bewirtschaftet werden muss, um den steigenden Bedarf zu decken und Verluste zu minimieren. Die Schweiz spielt eine wichtige Rolle und leistet mit ihrem Know-how Unterstützung, vor allem auch im politischen Dialog zur grenzüberschreitenden Bewirtschaftung von Wasserressourcen.

Vereinte Kräfte aus öffentlichem und privatem Sektor

Um das ehrgeizige Nachhaltigkeitsziel 6 – Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen für alle bis 2030 –  zu erreichen, muss nebst den Regierungen auch der Privatsektor miteinbezogen werden.

Das Globalprogramm Wasser der DEZA fördert daher soziales Unternehmertum (social entrepreneurship), das mit neuen, frischen Ideen zur nachhaltigen Nutzung von Wasserressourcen beiträgt. Im Nahen Osten (Libanon, Jordanien, Besetztes Palästinensisches Gebiet) etwa, einer Region, die von grosser Wasserknappheit betroffen ist, unterstützt die DEZA ein Programm zur Förderung von Start-Ups im Wassersektor.

Schulung von Social Enterpreneurs für die Gründung eines Start-ups im Wasserbereich.
Start-ups im Nahen Osten, welche sozialverträgliche Lösungen im Wassersektor auf den Markt bringen wollen, werden bei ihrer Gründung durch die DEZA unterstützt. © CEWAS

Eines der daraus gegründeten Start-Ups ist «Turjumaa». Es spezialisierte sich auf Übersetzungsdienstleistungen und Schaffung von Inhalten auf Arabisch im Wasser- und Sanitärbereich. Dies aus der Überlegung heraus, dass die Wasserprojekte der Region auf Wissen und Kommunikationsmaterialien in arabischer Sprache angewiesen sind. Da diese jedoch nur begrenzt zur Verfügung stehen, sind der Bewusstseinsbildung und dem Aufbau von Kapazitäten Grenzen gesetzt. Das Start-up möchte diese Lücke schließen. «Turjumaa zielt darauf ab, die Normen und Gewohnheiten im Umweltbereich in Jordanien und der Region im Allgemeinen zu verbessern, indem Materialien und Inhalte über Wassermanagement und dem Aufbau von sanitären Einrichtungen auf Arabisch bereitgestellt werden», erklärt Gründer Owice Hammad. Das Programm beinhaltet zudem auch eine anthropologische Untersuchung von Gewohnheiten im Umgang mit Wasser und interaktive Aufklärungskampagnen für Kinder. «Durch das Start-Up Programm konnte ich meine Idee verwirklichen, den Markt dafür testen und mein Geschäft vernetzen», berichtet Owice Hammad.

Junge Start-up Gründerinnen und Gründer unterhalten sich draussen an einer Bewässerungsanlage.
Die von den Start-ups vorgestellten Projekte reichen von Bewässerungsanlagen bis hin zu Übersetzungsdiensten. © CEWAS

Am Weltwasserforum schafft die Schweiz mit einem Länderpavillon eine Plattform für Partner der DEZA, um unter anderem genau solch innovative Technologien von Start-ups zu präsentieren und mit Akteuren aus aller Welt Herausforderungen und Lösungsansätze zu diskutieren.

«Blue Peace» – Wasser als Schlüsselelement

«Initiativen in konfliktreichen Regionen wie dem Nahen Osten, wo zur Wasserknappheit auch eine hohe Jugendarbeitslosig keit hinzukommt, tragen zur Jobförderung und damit zur Stabilität der Gesellschaft und des Friedens bei», sagt Mufleh Alalaween, Programmbeauftragter der DEZA in Jordanien.

Faktoren wie demografisches Wachstum, wirtschaftliche und städtische Entwicklung, Umweltverschmutzung oder Klimaveränderung setzen die beschränkte und geografisch ungleich verteilte Ressource Wasser immer stärker unter Druck. Daraus entstehen leicht Spannungen und Konflikte. Aber an vielen Orten der Welt kann Wasser auch ein Ausgangspunkt für Zusammenarbeit sein und so zur Beilegung von Konflikten und zu Stabilität und Frieden beitragen. Mit dieser Vision treibt das Blue Peace Movement, eine globale Wasserbewegung, die Agenda für Wasser und Frieden voran. Als Teil dieser Bewegung analysierte die Schweiz zusammen mit 14 anderen Ländern die dringendsten Herausforderungen, skizzierte Lösungsansätze und formulierte konkrete Empfehlungen, wie grenzüberschreitende Wasserressourcen von mehreren Ländern gemeinsam nachhaltig verwaltet werden können. Die Resultate veröffentlichte das «High Level Panel für Wasser und Frieden» letzten September in einem Bericht.  Die Schweiz setzt sich insbesondere für drei Empfehlungen ein:

  1. Die Wasserdiplomatie stärken um insbesondere den Dialog zu fördern, damit Spannungen zwischen Nachbarstaaten im Zusammenhang mit der Verwaltung von Wasser abnehmen;
  2. Den Austausch von Daten über Wasserreserven und Wasserverbrauch fördern;
  3. Finanzierung von Studien zur Förderung grenzüberschreitender Wasserinfrastrukturen, die sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch umweltfreundlich sind.

Konkret wird die Schweiz in Brasilia an einem High Level Panel zu Wasser und Frieden teilnehmen sowie am Schweizer Pavilion über die ganze Woche verteilt sogenannte «Blue Peace Talks» leiten. Dazu sind unter anderem junge Leute von der Schweiz eingeladen, ihre Initiativen und Ideen den Experten und hochrangigen Entscheidungsträgern vorzustellen.