Erfolgreicher Demokratisierungsprozess in Burkina Faso

Artikel, 28.12.2015

Dreizehn Monate nach dem Rücktritt des langjährigen Staatsoberhaupts Blaise Compaoré wurde in Burkina Faso am 29. November 2015 Roch Marc Christian Kaboré zum neuen Präsidenten gewählt. Die friedlichen Wahlen haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das westafrikanische Land kann auf einen gelungenen Demokratisierungsprozess zurückblicken. Dieser Erfolg bestätigt die DEZA in ihrem Engagement zur langfristigen Stärkung der Zivilgesellschaft.

Eine Gruppe von Frauen in Burkina Faso diskutiert in einem Raum.
Treffen einer Gruppe von Färberinnen in der Gemeinde Koudougou im Zentrum Burkina Fasos. Die Frauen organisieren sich, um ihre Anliegen gegenüber den Behörden zu vertreten und ein besseres Einkommen zu erzielen. © DEZA

Auch positive Nachrichten sind eine Meldung wert. Ein solches Beispiel ist die friedliche Wahl von Roch Marc Christian Kaboré zum neuen Präsidenten Burkina Fasos am 29. November 2015. Alle Beobachter sind sich einig, dass es bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen keine grösseren Unregelmässigkeiten gab.

Den Urnengängen ging ein einjähriger, mehr oder weniger stürmischer Transitionsprozess voraus, der Ende Oktober 2014 vom damaligen Präsidenten Blaise Compaoré eingeleitet worden war. Sogar während des einwöchigen Staatsstreichs eines regimekritischen Generals im September 2015 blieb die Bevölkerung ruhig und setzte sich immer für das öffentliche Interesse ein.

Erfolg für die Entwicklungszusammenarbeit

«Der Transitionsprozess, der zu den Wahlen führte, gelang dank dem Engagement der burkinischen Bevölkerung, aber er stellt auch einen Erfolg für die Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen und die internationale Zusammenarbeit der Schweiz im Besonderen dar», sagt Chantal Nicod, Leiterin der Abteilung Westafrika in der DEZA. Die Schweiz arbeitet seit über zwanzig Jahren mit der Zivilgesellschaft des Landes zusammen und hilft beim Aufbau von Kapazitäten, damit die Bevölkerung Verantwortung übernehmen und Entscheidungen fällen kann. Sie fördert eine Kultur des zivilgesellschaftlichen Engagements, das auf Dialog, Transparenz und Rechenschaftslegung der öffentlichen Institutionen beruht.

Die Stärkung der Zivilgesellschaft und insbesondere die Förderung einer partizipativen Demokratie bilden den gemeinsamen Nenner aller Aktivitäten der DEZA in Burkina Faso.

Unterstützung während des Wahlprozesses

Im Hinblick auf die geplanten Wahlen stellte die DEZA im April 2015 fünf Millionen Franken für die Konsolidierung des Wahlprozesses zur Verfügung. Sie unterstützte 24 zivilgesellschaftliche Organisationen bei der Förderung der staatsbürgerlichen Bildung (die Wahlbeteiligung betrug 60 %) und 16 politische Parteien bei der Ausarbeitung von ausgewogenen und konstruktiven Wahlprogrammen. Die mit den Wahlen beauftragten nationalen Institutionen erhielten fachliche und materielle Unterstützung.

Des Weiteren gab die DEZA einem Finanzgesuch der nationalen Radio- und Fernsehanstalt (RTB) statt. Die RTB konnte ihren öffentlichen Informationsauftrag nicht mehr wahrnehmen, da ihre Räumlichkeiten während des Aufstandes vom Oktober 2014 verwüstet worden waren. Dank der Unterstützung, die die DEZA während 18 Monaten leistete, erhielt die Bevölkerung neutrale Informationen zu den wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit den Wahlen.

Gestärkte Zivilgesellschaft

Die DEZA führt seit 2005 ein Programm zur Stärkung der burkinischen Zivilgesellschaft durch, um den verschiedenen Akteuren des wirtschaftlichen und sozialen Lebens die notwendigen Mittel an die Hand zu geben, um die Umsetzung der Massnahmen der öffentlichen Politik durch die Behörden zu überprüfen. Konkret hilft die DEZA rund zehn Bürgerorganisationen, ihre Kapazitäten in den Bereichen Organisation, Finanzmanagement und anwaltschaftliches Engagement auszubauen. In diesem Rahmen beteiligt sich die DEZA zusammen mit anderen Gebern an der Finanzierung eines nationalen Netzwerks zur Korruptionsbekämpfung (RENLAC).

Beteiligung der Bevölkerung bei der Verbesserung der Lebensbedingungen

Auf wirtschaftlicher Ebene will die DEZA mit ihrer Unterstützung für lokale Gruppierungen und Amtsträger in fünfzehn ländlichen Bezirken Arbeitsplätze schaffen und Tausenden von Handwerkern ein besseres Einkommen ermöglichen. Daneben setzt sie sich für die Modernisierung des Landwirtschaftssektors ein. Sie unterstützt landwirtschaftliche Dachverbände bei der Vertretung ihrer Interessen im Zusammenhang mit den vom Staat eingeleiteten Reformen. Erfahrungen haben gezeigt, dass die Nahrungsmittelproduktion durch einen besseren Dialog zwischen lokalen Amtsträgern, Produzenten und Händlern gesteigert werden kann.

Die DEZA arbeitet landesweit mit rund dreissig Frauenorganisationen zusammen, um Techniken und Infrastrukturanlagen zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte zu verbessern. Innert drei Jahren konnten 7000 Bäuerinnen und 3000 Bauern ihr monatliches Einkommen von praktisch null auf etwa 25 Franken steigern. Ausserdem hilft die DEZA bei der Entschärfung potenzieller Konflikte zwischen Viehzüchtern und Landwirten im Zusammenhang mit der gemeinsamen Nutzung natürlicher Ressourcen (Weiden, Wasserstellen usw.) und bei der Verbreitung von Informationen über die Preise von Produkten. Heute werden 30 000 lokale Gemüsebauern regelmässig über die Preisentwicklungen informiert. Mehrere von der Schweiz finanzierte Infrastrukturprojekte – Sanierung von Sumpfgebieten, öffentliche Brunnen, Latrinen, Strassen – profitieren ebenfalls von der aktiven Mitwirkung der Bevölkerung.

Bedürfnisorientierte Bildungsangebote

Schliesslich fördert die DEZA die dezentrale Verwaltung im Bildungs- und Berufsbildungsbereich. Die ländliche Bevölkerung soll sich am Aufbau eines auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Schulsystems beteiligen, damit die Kinder die Primarschule nicht mehr abbrechen. Die DEZA unterstützt alternative Bildungsprogramme, die von lokalen Vereinigungen und Nichtregierungsorganisationen entwickelt wurden (Schnellkurse, zweisprachige Klassen, von Gemeinschaften geführte Schulen). Seit 2006 haben auf diese Weise 500 000 Jugendliche und Erwachsene Lesen und Schreiben gelernt, und 10 000 Kinder im Alter von 9 bis 15 Jahren konnten wieder in die Schule integriert werden. Ausserdem fördert die DEZA Überlegungen zur Einführung neuer arbeitsmarktorientierter Ausbildungsgänge.

In allen Fällen ist die DEZA bestrebt, die politischen Behörden des Landes über die auf lokaler Ebene entwickelten Lösungen zu informieren, damit diese anerkannt werden und weitere Verbreitung finden. Ein stabiler und dauerhaft demokratischer Staat ist nur möglich, wenn die im Rahmen der Reformprojekte geäusserten Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigt werden. Ebenso wichtig ist allerdings eine zweite Voraussetzung: Die den lokalen Gebietskörperschaften zur Verfügung gestellten Ressourcen müssen erhöht werden.