Fokus der Schweizer Zusammenarbeit in Tunesien: Unterstützung der Demokratisierung, wirtschaftliche Entwicklung und Steuerung der Migration

Artikel, 24.11.2015

Die DEZA beteiligt sich am Gesamtprogramm der Schweiz für Nordafrika 2011–2016, das im Nachgang zu den politischen Umwälzungen von 2011 in Ägypten, Tunesien, Marokko und Libyen umgesetzt wird. Die DEZA setzt sich unter anderem für die Verbesserung der Lebensperspektiven der jungen Menschen im Land ein.

Ein Bäcker zeigt frisch gebackene Brote.
Dank einem Mikrokredit konnte die Bäckerei «Essanefa» im Juni 2013 in der Stadt Kasserine ihren Betrieb aufnehmen. Sie beschäftigt drei Personen. © DEZA

Zusammen mit der Abteilung Menschliche Sicherheit des EDA, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) engagiert sich die DEZA in Tunesien in drei Interventionsbereichen: Demokratisierung, wirtschaftliche Entwicklung und Migration. Sie unterstützt den laufenden Demokratisierungsprozess und fördert die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Die Schweiz hat ihr Engagement in Tunesien nach der Revolution von 2011 substanziell verstärkt: Bis 2018 sollen 126 Millionen Franken für diverse Projekte im Land eingesetzt werden. Die verschiedenen Akteure der Schweizer Zusammenarbeit kooperieren eng mit zahlreichen Organisationen der Zivilgesellschaft, dem Privatsektor und nicht zuletzt den Behörden des Landes.

Unterstützung der Demokratisierung und Stärkung der Menschenrechte

Die Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an vier zivilgesellschaftliche Organisationen in Tunesien ist kein Zufall. Das Engagement der Zivilgesellschaft in Tunesien ist trotz der Gewalthandlungen, die das Land erschüttert haben, äusserst gross. Die DEZA trägt ihren Teil dazu bei. Seit 2011 unterstützt sie zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft beim Aufbau von Kapazitäten und finanziert spezifische Projekte. Die unterstützten Projekte müssen die Gleichstellung von Mann und Frau fördern und auf die am meisten benachteiligten Regionen ausgerichtet sein.

Die DEZA hat zudem mit finanzieller Unterstützung zu den glaubwürdigen und transparenten Wahlen 2014 beigetragen, und die Professionalisierung mehrerer Regionalsender des nationalen tunesischen Radios begleitet mit dem Ziel, qualitativ hochstehende und unabhängige Medien aufzubauen.

Projekt: Regionalradios als Katalysatoren der Demokratie

Artikel: «Die Medien streben ihre eigene Revolution an»

Wirtschaftliche Entwicklung, Schaffung von Arbeitsplätzen und Berufsbildung

Die Jugendarbeitslosigkeit ist für Tunesien ein grosses Problem. Sie gefährdet den sozialen Zusammenhalt und die Demokratisierung des Landes. In verschiedenen Wirtschaftssektoren stehen nicht genügend Arbeitsplätze zur Verfügung, und die jungen Menschen verfügen nach dem Abschluss ihrer Ausbildung häufig nicht über die am Arbeitsmarkt gefragten Qualifikationen. Mit einem Projekt zur Stärkung der Berufsbildung in Tunesien und Praktika für junge Studienabgängerinnen und -abgänger in Übungsfirmen leistet die DEZA einen Beitrag zur Lösung dieses Problems.

Mit einem parallelen Programm sind in vier benachteiligten Bezirken Tunesiens über 10'000 Arbeitsplätze geschaffen worden, indem der Zugang zu Mikrokrediten erleichtert wurde. In diesem Zusammenhang hat das tunesische Parlament 2015 beschlossen, sich mit einem Beitrag von 30 Millionen Franken an einem von der Schweiz unterstützten Fonds zur Förderung von Jungunternehmen zu beteiligen – ein klares Zeichen des Vertrauens in die Schweizer Zusammenarbeit.

Das SECO seinerseits leistet konkrete Unterstützung für verschiedene Produktions- und Exportzweige (regionale Produkte, Textilien) und mehrere KMU des Landes.

Projekt: Berufsbildung in Tunesien – Beschäftigung als Ziel

Projekt: Über 10'000 neue Arbeitsplätze im postrevolutionären Tunesien

Steuerung der Migration

Die Migration in Tunesien hat zwei Gesichter. Zum einen versuchten unmittelbar nach der Revolution von 2011 Tausende tunesischer Staatsangehöriger nach Europa zu gelangen. Dieser Strom hat sich seither stark abgeschwächt. Ergänzend zu den Anstrengungen der DEZA und des SECO im Beschäftigungsbereich finanziert das SEM ein Rückkehrhilfeprogramm für tunesische Migrantinnen und Migranten, dank dem bislang über 900 Arbeitsplätze in Tunesien geschaffen wurden. Parallel dazu arbeitet die DEZA mit Mitgliedern der tunesischen Diaspora in der Schweiz zusammen, um Kurzzeiteinsätze zur Förderung des Knowhow-Transfers und zur Lancierung von Entwicklungsprojekten in ihrem Heimatland zu organisieren.

Zum anderen ist Tunesien mit der unablässigen Zu- und Durchwanderung von Flüchtlingen und Migranten aus Subsahara-Afrika konfrontiert, die nach Europa weiterreisen wollen. Die DEZA unterstützt zusammen mit anderen Organisationen den tunesischen Roten Halbmond und den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) bei der Betreuung dieser Personen. Über 350 in Tunesien gestrandete Migrantinnen und Migranten konnten in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Entlang der Küste hat die DEZA 2015 zur humanitären Betreuung von 1026 Migrantinnen und Migranten beigetragen, die während der Überfahrt nach Italien auf hoher See gerettet worden waren. Die geretteten Personen erhalten eine Unterkunft, Verpflegung und bei Bedarf medizinische Betreuung.